Verständlicherweise ist der Anspruch der Chemie-Fans in der Oberliga nach dem Abstieg aus der Regionalliga gestiegen. Andererseits muss man nüchtern betrachten, dass unsere Stammformation bis auf Druschky identisch ist mit derjenigen aus unserer Regionalliga-Saison. Demgegenüber stehen Yajima und Merkel als Abgänge aus unserer ehemaligen Stammformation.
Inwiefern nun erwartet wird, dass unser Team "plötzlich" technisch versierter und mit atemberaubendem Kurzpassspiel sich bis in den gegnerischen Strafraum brillieren wird, erschließt sich mir nicht ganz. Ich meine schon zu erkennen, dass sich unser Trainerteam eine andere Philosophie wünscht. Demuth hatte ja stets in den Pressekonferenzen darauf verwiesen, dass Chemie nur durch kämpfen und beißen zum Erfolg kommen kann. Hier liegen die Prioritäten aktuell schon anders, auch was die Gegnervorbereitung angeht (ich denke da noch gerne auf den Vermerk beim Spiel gegen Paderborn, dass Demuth meinte, Paderborn müsse sich als 2. Ligist gar nicht auf Chemie vorbereiten -- dies wurde im Kontext des Besuchs von Baumgart gesagt; meiner Einschätzung nach war dies nicht nur reines Taktieren, sondern spiegelte auch etwas seine generelle Auffasung wider). Zumindest schließe ich das aus den Pressekonferenzen von Miro.
Die Spielanlage ist grundlegend schon eine andere, häufig lässt sich Böttger als abkippender Sechser fallen und es wird über eine Dreierkette mit hoch aufgerückten AV aufgebaut, sodass zumindest theoretisch ein Übergewicht im Mittelfeld und Angriff erzielt wird. Das Problem ist häufig, dass der Ball nicht die offensive Reihe (Bury, Druschky, Keßler, Heinze) erreicht, weil das Mittelfeld nicht gut überbrückt wird. Hier fehlt uns meiner Meinung nach ein spielstarker zentraler Mittelfeldspieler. Wendschuch ist ein guter Abräumer, vielleicht sollte er eher als abkippender Sechser fungieren, da Böttger technisch versierter ist. Ein Yajima wäre für diese Spielanlage natürlich Gold wert als Motor im Mittelfeld. Zudem ist es problematisch, wenn auf den AV-Positionen spielschwache Spieler postiert sind (bspw. Trogge). Ein Lars Schmidt fehlt hier, ebenso ein Wajer. Trotzdem wird häufig auf einen langen Ball auf die Offensivreihe umgeschaltet und dies scheint mir keine Traineransage zu sein, sondern aufgrund Fehlpässe, technischer Mängel, Rasen (Plauen?) von Karau und Schmidt eher in Eigenregie durchgeführt zu werden.
Spielerisch läuft das bei Luckenwalde vor allen Dingen im finalen Drittel besser. Flath, Hennig, Borowski, Becker, Tanio -- die Spieler sind technisch stärker. Entsprechend läuft das Spiel ab dem Mittelfeld im finalen Drittel geschmeidiger ab.
Man kann ein offensiver gefälligeres Spiel, vor allen Dingen mit dem Hinblick auf "Spieldominanz", Kurzpassspiel, besserer Ballzirkulation zwischen Abwehrkette und Mittelfeld und einem besseren Überbrücken des Mittelfelds mit Hinblick auf besseres Kreieren von Chancen im finalen Drittel fordern. Aber hierfür bräuchten wir schlichtweg teilweise andere Spieler, zumindest ist das meine Meinung.
Auch ein Bury ist technisch nicht stark. Bury kommt über die Physis, macht lange Schritte, ist im Dribbling recht gefällig, zieht sehr gut das Foul in der gefährlichen Zone, hat einen guten Abschluss und ist kopfballstark. Aber enge Ballführung, wendig, agil, technisch sauber mit dem Ball -- das ist er nicht. Letztlich sind meiner Einschätzung nach Heinze, Böttger und mit Abstrichen Druschky als technisch "stark" einzuordnen. Tatsächlich haben wir einen physisch starken Kader und zum Glück spielt die Physis in den niedrigeren Ligen (<3. Liga) effektiv eine etwas größere Rolle, obgleich das Spiel oft nicht allzu schön anzuschauen ist. Aktuell -- so blöd es klingt -- gefällt mir der Spielansatz mit Hinblick auf unseren Kader und die Jungs ganz gut.