Und mal ganz nebenbei: Ich finde die Äußerungen im Presse-Thread schon etwas befremdlich. Nur weil es um Alfred Kunze geht, soll sich niemand damit befassen? Käse! 1. Geht es hier doch niemandem darum, Alfred Kunze zu verunglimpfen und 2. ist es doch besser, wenn wir uns als Menschen, die Alfred Kunze mehr als wohlwollend gegenüber stehen damit befassen, als wenn es irgendwelche Ahnungslosen machen!
Und wie Esca ja auch sagt, gilt die Unschuldsvermutung. Und bitte kommt nicht mit diesem stumpfen "keine Politikdiskussion"-Gelaber!
Bis auf solche Äußerungen hatten wir doch eine gute Diskussion darüber mit teils recht unterschiedlichen Meinungen - aber so soll es doch auch sein...
Es soll sich nicht niemand damit befassen. Ich sehe das allerdings so, dass der Presse-Thread eher für neue Meldungen über Chemie ist und eine Diskussion solche dort eher mal überdeckt. Wenn eine Pressemeldung zur Diskussion wird, dann sollte man dem Rechnung tragen und ihr einen eigenen Raum geben, so wie das hier geschehen ist. Daran ist nichts verwerflich.
Was die Sache ansich angeht, so gilt es aus meiner Sicht zwei Dinge zu trennen:
1) Lässt sich Alfred Kunze als NSDAP-Mitglied nachweisen?
Der Beweis ist nicht erbracht, wenngleich die Indizien stark sind. Das mag uns nicht gefallen, ist aber das entstandene Bild. Offenbar wurde Alfred Kunze die Karriere in der DDR stark eingeschränkt, obwohl man von seinen fachlichen Kenntnissen überzeugt war. Dies eben aufgrund seiner angeblichen NSDAP-Zugehörigkeit. Das kann verschiedene Gründe haben, allerdings würde es wohl zu weit führen, eine Legende über ihn als Ausbilder in Rimini (Italien) zu erfinden um ihm die Karriere zu verbauen. Auf mich wirkt das unrealistisch. Die SED/ Stasi hatte offenbar eine Quelle und wenn man wirklich will, dann lässt die sich auch erschließen, ob in Berlin (WASt, Bundsarchiv) oder in Italien. Ich mag das nicht machen. Er ist auch mein Held.
2) Reicht ein solches Fehlverhalten aus, um das Lebenswerk eines Menschen vollständig zu zerstören?
Gesetzt der Fall, er wäre NSDAP-Mitglied gewesen: Man macht es sich leicht, wenn man von heute aus urteilt. Es ist eigentlich unverschämt. Wenn man nicht in dieser Situation war, dann kann man sich leicht zum Richter erheben. Ich selber bin als Pionier und FDJler aufgewachsen und war mir zu dieser Zeit völlig sicher, dass die DDR eine tolle Sache sei, bis mir nach und nach die Augen geöffnet wurden und ich von den Verbrechen dieses Staates erfuhr. Das brauchte seine Zeit und hatte nebenbei auch viel mit Chemie zu tun. Man verfällt so leicht einer Ideologie, gerade als junger Mensch. Das gilt im Übrigen auch für den Autor des Artikels. Das ist das Eine. Keiner von uns weiß, was Alfred Kunze bewogen haben könnte. Wollte er seine Lehrertätigkeit fortsetzen? War es Überzeugung? War es was anderes? Wir wissen es nicht. Es ist so leicht loszublöken: "Dann hätte er eben ein antifaschistischer Held sein müssen!" Nicht jeder kann ein Held sein. Und Helden sterben auch schnell. Nicht jeder will das. Wer das einfordert, muss sich erst einmal selbst hinterfragen und dann wahrscheinlich belügen.
Wie auch immer: Es wurden ihm keine Verbrechen zur Last gelegt und das ist, was für mich zählt. Wenn selbst die SED es nicht für nötig gehalten hat, ihn strafrechtlich zu verfolgen, dann deutet das stark auf ein Mitläuferverhalten, wie es unter extremistischen Diktaturen keine Seltenheit ist. Ich bin Alfred Kunze im Altersheim in Lößnig begegnet und hatte nicht den Eindruck, dass da ein Nazi vor mir sitzt. Und wir, wir ehren Alfred Kunze ja nicht wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft, sondern wegen seiner außergewöhnlichen Leistung als Fußballtrainer in seinem Leben danach. Das ist entscheidend und das sollten wir uns auch nicht zerschreiben lassen.
Im Grunde sind wir uns doch einig. Irgendwer hat vermeintlich, nicht wirklich bewiesen, einen dunklen Fleck auf der Weste unseres Meistertrainers gefunden und versucht damit, sein ganzes Leben schwarz oder braun einzufärben und unseren Verein gleich mit. Dass das in dieser Form unredlich ist, weil völlig undifferenziert, darüber sollten wir uns einig sein.