Leutzscher Freundeskreis Forum

BSG Chemie Leipzig e.V. => Allgemeine Themen, Vereins- & Pressenews => Thema gestartet von: Frau Suhrbier am 04. Oktober 2018, 16:48

Titel: Alfred Kunze
Beitrag von: Frau Suhrbier am 04. Oktober 2018, 16:48
https://jungle.world/artikel/2018/39/dresden-feiert-nazi-comeback

Bin ziemlich enttäuscht von dem Artikel.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: egon am 04. Oktober 2018, 17:08
https://jungle.world/artikel/2018/39/dresden-feiert-nazi-comeback (https://jungle.world/artikel/2018/39/dresden-feiert-nazi-comeback)

Bin ziemlich enttäuscht von dem Artikel.
Dann frag ich mich, warum du den Artikel dann hier verlinkt hast. Das könnte Unruhe geben, die wir nicht gebrauchen können.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Double1982 am 04. Oktober 2018, 17:10
https://jungle.world/artikel/2018/39/dresden-feiert-nazi-comeback

Bin ziemlich enttäuscht von dem Artikel.

son scheiss … wie zu DDR Zeiten .. wenn du was werden wolltest oder in der DDR studieren mussteste Parteimitglied werden .. nicht jeder war ein Kommunist oder ein nazi .. son scheiss Artikel ….
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Paparazz Locke am 04. Oktober 2018, 18:53
Der Artikel ist sehr oberflächlich. Es gibt nicht nur Schwarz oder Weiß. Hauptsächlich sind es Grautöne. Wenn nur diejenigen geehrt werden würden, die in allen Lebenslagen tadellos gehandelt haben, dann gäbe es wenige Denkmäler, Preise, Straßennamen und Ähnliches.
Ich empfehle euch den Film „Gundermann“. Zweifelsohne ist Gundermann für mich eines der besten Liedermacher im deutschen Sprachraum des letzten Jahrhunderts. Seine Texte berühren und sind unglaublich schön. Und er war einer, der seine Umwelt in der DDR kaum treffender beschreiben konnte. Trotzdem war er IM gewesen. Und was nun?
Ohne Alfred Kunze wäre Chemie Leipzig wohl kaum 1964 Meister geworden mit all den Folgen bis zum heutigen Tag. Seine Verdienste für unseren Verein sind riesengroß. Er hätte wahrscheinlich seine Tätigkeit als Lehrer in den 30-er Jahren auch ohne NSDAP-Mitgliedschaft fortsetzen können. Aber wie groß der Druck war, ist unklar und heute kaum noch nachzuvollziehen. Ich halte weiter die Umbennenung unseres Stadions für richtig. Und der Artikel verschweigt ja auch, dass unser Sportpark schon zuvor klammheimlich und inoffiziell von den Medien und am Ende auch vom FC Sachsen in „Sportpark Leutzsch“ umbenannt wurde. Namen von Kommunisten und Wiederstandskämpfern waren nach der Wiedervereinigung enorm unter Druck geraten. Das wird auch nicht hinterfragt.

GWG Locke
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Scherben und Steine am 04. Oktober 2018, 19:08
Locke hats auf den Punkt gebracht. Trotzdem will ich auch meinen Senf beisteuern.

Der Artikel offenbart abermals, welche Kleingeister im Medienbereich unterwegs sind. Halbwahrheiten sowie die Unfähigkeit, sorgsam und arbeitsaufwendig zu differenzieren und zu recherchieren, zeichnen diese Apologeten aus – egal als welchem extremistischen Volksfrontlager sie kommen. Diese Art der Stimmungsmache, gegründet auf Vor- und Fehlurteile sowie auf Halb- und Unwissen, trägt nicht unwesentlich zur Spaltung der Gesellschaft bei – zumindest soweit man eben auf die geistigen Brandstifter hereinfällt. Die elektronischen Medien sind diesbezüglich hervorragende Brandbeschleuniger.

Ein Blick in die Vita von Alfred Kunze wäre ausreichend gewesen, um zu sehen, dass es sich um einen klassischen Mitläufer handelt. Wer 1909 geboren wurde und von 1929 bis 1933 ein Lehrerstudium absolviert hatte, dem hat auch ein Parteieintritt 1937 nichts (oder fast nichts) genützt. Im NSDAP- und SS-Apparat haben die Altkader und Funktionäre schon genau hingeschaut, wer bereits bis zum 30. Januar 1933 Mitglied in ihren Verbrecherorganisationen gewesen war und wer erst später hinzugekommen ist.

@Double 1982. Selbstverständlich war es auch zu DDR-Zeiten möglich, ohne FDJ- oder SED-Mitgliedschaft zu studieren.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Waldstraßenchemiker am 04. Oktober 2018, 20:48
Als studierter Historiker find' ich solche Themen - und ihre journalistische Aufarbeitung - immer interessant und würde mir dazu auch nochmal einen Kommentar erlauben. Zunächst einmal schreibt Herr Laurin (der Autor des Jungle-World Artikels) einfach nur recht pauschal, Alfred Kunze sei seit 1937 NSDAP-Mitglied gewesen. Diese Aussage belegt er nicht, was an sich erstmal OK ist, weil Fußnoten mit Quellenbelegen in Zeitungsartikeln halt unüblich sind, aber es gibt eben einen Unterschied zwischen einfachen Presseartikeln und wissenschaftlichen Fachtexten, und entsprechend unterschiedlich sind solche Texte auch zu gewichten. Nun bezweifle ich, dass Herr Laurin, der ja noch weitere Beispiele für von ihm behauptete Stadionbenennungen nach NSDAP-Mitgliedern anführt, in jedem einzelnen Fall in der NSDAP-Mitgliederkartei und der Gaukartei, die im Bundesarchiv vor Ort eingesehen werden können, recherchiert hat, sein impliziter Beleg scheint - ich lasse das unkommentiert - der Wiki-Artikel zu Alfred Kunze zu sein, in dem es im Abschnitt "Leben und Wirken" heißt: "Kunze war von 1937 bis 1945 Mitglied der NSDAP und Inspekteur bei der Wehrmacht" (aufgerufen am 4.10.2018). Belegt wird diese Äußerung durch einen Verweis auf folgendes Buch: Leske, Hanns: Erich Mielke, die Stasi und das runde Leder. Der Einfluss der SED und des Ministeriums für Staatssicherheit auf den Fussballsport in der DDR, 2. Aufl. Göttingen 2014 (in diesem Fall S. 268-269). Ich besitze das Buch nicht und es scheint auch derzeit vergriffen zu sein, wenn es hier jemanden gibt, der/die es hat, könnte er/sie ja mal reinschauen, ob es da einen belastbaren Quellenbeleg (Eintrag in der Mitgliederkartei, der Alfred Kunze mit Sicherheit zugeordnet werden kann) gibt. Würde mich interessieren.
 
Das wäre zumindest der erste Schritt, wenn dem so ist, müsste man natürlich in einem zweiten Schritt prüfen, ob sich anhand von Quellen nachweisen lässt, dass Kunze in der Partei mehr war als eine Karteileiche.

Anderseits zeigt es natürlich auch geradezu exemplarisch, wie kompliziert Geschichtsbewusstsein und kollektives Gedächtnis funktionieren. Als Historiker würde man analytisch unterscheiden zwischen einer historischen Person "Alfred Kunze", die es faktisch zwar gegeben hat, der wir uns aber nur durch Quellenstudium, Zeitzeugenbefragung u.ä. "annähern" können, ohne sie je in jeder Hinsicht erfassen zu können, einerseits und der im kollektiven Gedächtnis imaginierten Person "Alfred Kunze", die an das historische Faktum der Meisterschaft von 1964 und ihre - aus einer bestimmten Perspektive empfundenen - Begleitumstände anknüpfend zur Projektionsfläche aller möglichen für den Verein und seine Fans sinnstiftende Ideale geworden ist, anderseits. Dabei geht es aber nicht darum - das wird nämlich von Nicht-Historikern oft missverstanden! -, zu sagen, dass das eine "richtig" und das andere "falsch" ist, sondern eher, zwei (oder besser: mehrere) verschiedene Ebenen von "Realität" zu unterscheiden und sie nicht zu vermengen. Selbst wenn Alfred Kunze (die historische Person) in der NSDAP ein wirklich aktives Parteimitglied war, ist das Stadion in Leutzsch ja nicht deswegen nach ihm benannt, die Bennenung bezieht eben sich ganz eindeutig auf den "Alfred Kunze", der im kollektiven Gedächtnis der Chemie-Anhänger konstruiert wurde, nämlich im Wesentlichen den Meistertrainer von 1964 und die mit ihm vage assoziierten "Leutzscher Tugenden". Den Fehler, diese Ebenen zu vermischen, muss man Herrn Laurin, der offenbar kein Historiker ist ;-), schon attestieren, weil sich sein Artikel für jemanden, der mit dem Leipziger Fußball nichts zu tun hat, so liest, als sei die Stadionbenennung ein Zeichen dafür, dass Chemie ein Nazi-Verein sei. Richtig ist ganz evident das Gegenteil.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Der Bär am 04. Oktober 2018, 21:49
Steht jetzt nicht wirklich neues in dem Artikel, wer sich auch nur etwas mit der Geschichte unseres Vereins beschäftigt hat weiß sowas.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Waldstraßenchemiker am 04. Oktober 2018, 22:52
Steht jetzt nicht wirklich neues in dem Artikel, wer sich auch nur etwas mit der Geschichte unseres Vereins beschäftigt hat weiß sowas.

Das sind leider nur sehr wenige...anderseits lesen zum Glück auch nur sehr wenige die Jungle-World  :lol
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: fairclough am 05. Oktober 2018, 07:49
@waldstraßenchemiker: In der NSDAP-Mitglieder-Kartei in Berlin ist er nicht aufgeführt! Hatte da selbst mal nachgeschaut und ihn nicht gefunden. Das besagte Buch ist zwar vergriffen, kann aber in der Zweigbibliothek Sportwissenschaften im Campus Jahn-Allee eingesehen werden. Das will ich schon ewig mal machen, bin aber noch nicht dazu gekommen.

Edit: Nachtrag - die NSDAP-Mitglieder-Kartei ist jedoch nicht vollständig. D.h. dass der Umstand, Kunze ist dort nicht aufgeführt, im Umkehrschluss nicht unbedingt bedeutet, er war nie Mitglied. Ich vermute fast, der Autor des Buches bezieht sich auf einen MfS-Akte über Alfred Kunze.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Sündenbock am 05. Oktober 2018, 08:37
Ich bin fast ein bisschen begeistert von den Beitragen meiner Vorschreiber. Es wurde im Prinzip schon alles gesagt, deshalb sei mir nur ein Gedanke gestattet.

Welches Signal würden wir als Gesellschaft eigentlich an ausstiegswillige Angehörige der rechten Szene senden, würden wir Menschen mit Nazivergangenheit (egal, ob heute oder damals) unterschiedslos bis an ihr Lebensende stigmatisieren und ihnen die Anerkennung jeglicher von ihnen nach dem "Sünderzeitraum" erbrachter Leistungen verweigern?

Oder vereinfacht gesagt: Wie wahrscheinlich ist es wohl, dass Karl oder Otto den Ausstieg aus ihrem Naziumfeld wagen, wenn man ihnen - u.a. auch mit Artikeln dieser Machart - täglich demonstriert, dass im Prinzip scheißegal sei, was einst die Gründe für ihren Eintritt in die rechte Szene waren oder was sie in seinem Leben danach jemals vollbringen wird; er am Ende ja doch nichts weiter als ein "Nazischwein" sei?

Ich stimme dahingehend auch ausdrücklich User @Scherben und Steine zu. Die Medien haben neben der Politik (Regierung und Opposition), Radikalinskis jeglicher Coleur sowie Gewalttätern mit und ohne Migrationshintergrund maßgebliche Verantwortung für den aktuellen traurigen Zustand unserer Gesellschaft.

Die Beitrage hier im Forum sind diesbezüglich einfach wohltuend. Hoffen wir, dass diese Attitüde zukünftig wieder sinnbildlich für unsere gesamte Fanszene steht - mehr als aktuell jedenfalls.

PS: Wie machen wir das eigentlich mit Leuten wie Ex-SS-Mann Günter Grass? "Blechtrommel" aus dem Lehrplan oder doch gleich Bücherverbrennung? Und wann erfolgt denn endlich die Umbenennung der Max-Schmeling-Halle?
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: fairclough am 05. Oktober 2018, 08:57
Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht! Ich finde, über solche Personen sollte mindestens diskutiert werden und das ganze nicht mit "Schnee von Gestern" oder als "Jugendsünden" abgetan werden. Bezogen auf den Nationalsozialismus besteht hier allein schon die Frage ob und inwieweit diese Personen in NS-Verbrechen verstrickt waren. Hinzu kommt noch, dass der Umstand ihrer sehr häufig freiwilligen Mitgliedschaft in NS-Organisationen bis eben hin zur SS einen erheblichen Beitrag zur Stabilität des NS-Staates beigetragen hat und damit einen gewisse Mitschuld nicht zu leugnen ist. Wie die entsprechenden Personen ihr eigenes Handeln nach 1945 bewertet und reflektiert haben, ist die eine Frage. Die andere Frage ist die nach der Benennung öffentlicher Plätze, Gebäude und damit auch Fussballstadien oder auch das Verankern ihrer kulturellen Werke in einer sogenannten deutschen "Leitkultur".
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: egon am 05. Oktober 2018, 09:19
Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht! Ich finde, über solche Personen sollte mindestens diskutiert werden und das ganze nicht mit "Schnee von Gestern" oder als "Jugendsünden" abgetan werden. Bezogen auf den Nationalsozialismus besteht hier allein schon die Frage ob und inwieweit diese Personen in NS-Verbrechen verstrickt waren. Hinzu kommt noch, dass der Umstand ihrer sehr häufig freiwilligen Mitgliedschaft in NS-Organisationen bis eben hin zur SS einen erheblichen Beitrag zur Stabilität des NS-Staates beigetragen hat und damit einen gewisse Mitschuld nicht zu leugnen ist. Wie die entsprechenden Personen ihr eigenes Handeln nach 1945 bewertet und reflektiert haben, ist die eine Frage. Die andere Frage ist die nach der Benennung öffentlicher Plätze, Gebäude und damit auch Fussballstadien oder auch das Verankern ihrer kulturellen Werke in einer sogenannten deutschen "Leitkultur".
Wir müssen aber nicht immer alles diskutieren, und hier schon gar nicht.
Hier geht um Chemie.  :doppel :doppel :doppel :doppel :doppel :doppel 
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Esca am 05. Oktober 2018, 09:47
Ich finde man muss immer Folgendes bedenken, wenn man dieses sensible Thema angeht.
Nach 1943 wurde wahllos eingezogen, man selbst konnte kaum mehr entscheiden ob der Einzug in Wehrmachtsverbände erfolgte oder in Verbände der Waffen-SS. Bspw. auf Günther Grass bezogen, welcher mit 16 Lenzen kurz vor Kriegsende zum „verheizen“ bei einer SS-Panzerdivision landete.
Wegen dieser 3 Monate, welche er nicht freiwillig eingezogen wurde, hat man diesen Mann noch nach seinem Ableben medial zerrissen. Hatte man überhaupt auch nur eine Minute mal darüber nachgedacht ob es denn nicht möglich sein könnte das dieser Schriftsteller eben mit Büchern wie „Beim Häuten der Zwiebel“ oder „Die Blechtrommel“ auch seine eigene Schuld verarbeitete? Diese Frage hat sich niemand wirklich gestellt. Dieser Mann war sicherlich alles aber kein strammer Nazi. Trotzdem wurde er zerrissen. Weil diese sensationsgeile Gesellschaft wohl leider nicht fähig ist, fair zu urteilen. Und schon gar nicht fähig ist zu verzeihen. Und damit meine ich in keinster Weise Naziverbrechen! Sondern die einfache Tatsache in den letzten Kriegstagen als Jugendlicher eine Waffen-SS-Uniform getragen zu haben. Klar hätte man auch desertieren können, nur diese folgenschwere Entscheidung bzgl. des eigenen Überlebens mussten wir Tastaturhelden hier zum Glück nie treffen.
Ebenso verhielt es sich mit der NSDAP-Mitgliedschaft. Viele traten freiwillig ein als das europäische Kriegsgeschehen einen Sieg Nazi-Deutschlands möglich machte. Ebenso viele traten ein um „ihre Ruhe“ vor den Schergen des Regimes zu haben. Und manche wurden dazu aus verschiedensten Gründen genötigt. Man darf niemals den Fehler machen zu relativieren. Trotzdem sollte man genau hinschauen und fair beurteilen ob jemand glühender Nazi war oder aus Zwängen handelte welche man aus unserer heutigen Konfortzone heraus betrachtet, nicht mal im Traum ermessen kann. Ich danke Gott dafür das mir dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte durch die Gnade der späten Geburt erspart blieb und ich nie entscheiden musste ob ich „mitmarschiere“ oder unter Einsatz meines Lebens diesem Unrechtssystem und der Mordmaschinerie dahinter aktiv Widerstand leiste.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: fairclough am 05. Oktober 2018, 09:56
Und genau darüber muss, wie du auch schon sagst, fair und reflektiert gesprochen werden - und zwar ergebnisoffen in alle Richtungen.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Double1982 am 05. Oktober 2018, 10:25
Hier versuchen wieder gewisse leute , unruhe in unseren verein zu bringen , ich denke dazu iss alles gesagt punkt ... man sollte lieber diesen schmierfinken fragen , welchen hintergrund dieser hat ... es gibt auch leute mit verfolgungswahn , diese sollten sich  schnellstens behandeln lassen .
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: thommy am 05. Oktober 2018, 10:28
Vieles ist schon richtig resümiert worden.

Es ist so herrlich einfach 90 Jahre nach der dunkelsten Zeit Deutschlands sesselfurzend und mit vollgefressenem Bauch die die damalige Lage zu analysieren ( oder es zu versuchen ). Kein nicht wirklich dabei Gewesener kann die Verzweiflung, den Hunger, die fehlenden Zukunftsaussichten der damaligen Zeit wirklich beurteilen und nachfühlen. Das dann letztendlich viele auf den vermeintlichen „Retter“ hereingefallen sind, der es tatsächlich vorerst schaffte Deutschland aus der Krise zu holen ist allzu menschlich. Und seid doch mal ehrlich mit Euch selbst, jeder hat irgendwo in seiner eigenen Vorfahrenslinie Leute dabei die Mitglied oder zumindest Symphatisant der NSDAP waren.

Wichtig ist es in der Tat, AKTIV Beteiligte an diesem menschenverachtendem System immer wieder namentlich zu benennen und die Greueltaten immer wieder Mahnung sein zu lassen, dass sich so etwas nie wieder wiederholen möge !

Verallgemeinerungen nützen jedenfalls gar keinem etwas und lassen dieses sensible Thema immer wieder nur unnötig in eine falsche Richtung laufen.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Sündenbock am 05. Oktober 2018, 11:12
Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht! Ich finde, über solche Personen sollte mindestens diskutiert werden und das ganze nicht mit "Schnee von Gestern" oder als "Jugendsünden" abgetan werden.

Macht auch keiner. Hysterie ist aber auch die falsche Antwort.

Bezogen auf den Nationalsozialismus besteht hier allein schon die Frage ob und inwieweit diese Personen in NS-Verbrechen verstrickt waren.

Nun, mir sind derzeit nur zwei Sekundärquellen bekannt. Der Wikipedia-Artikel zu Alfred Kunze sowie das Buch:

Hanns Leske: Erich Mielke, die Stasi und das runde Leder: der Einfluss der SED und des Ministeriums für Staatssicherheit auf den Fussballsport in der DDR. Die Werkstatt 2014. S. 268f.

Wikipedia bezieht sich auf dieses Werk. Man müsste im Buch prüfen, woher dieses seine Informationen bezieht und dann entsprechend weiterrecherchieren.

Zumindest naheliegend ist, dass der Autor Einsicht in Stasiakten genommen hat und dort auf diese Information gestoßen ist. Die Stasi war bekanntlich gut informiert über Rolle und Wirken von (Ex-)Angehörigen von NS-Organisationen. Es ist folglich davon auszugehen, dass die Person, die es für unbedingt geboten befand, die NSDAP-Mitgliedschaft Alfred Kunzes in dessen Wikipedia-Artikel zu erwähnen, keine Sekunde gezögert hätte, etwaige Verstrickungen in NS-Verbrechen ebenfalls zu thematisieren.

Hinzu kommt noch, dass der Umstand ihrer sehr häufig freiwilligen Mitgliedschaft in NS-Organisationen bis eben hin zur SS einen erheblichen Beitrag zur Stabilität des NS-Staates beigetragen hat und damit einen gewisse Mitschuld nicht zu leugnen ist.

Wie genau "freiwillig" im NS-Kontext zu definieren ist, darüber gibt es mit Sicherheit unterschiedliche Auffassungen. Selbiges gilt auch für andere totalitäre Staaten.

Wie die entsprechenden Personen ihr eigenes Handeln nach 1945 bewertet und reflektiert haben, ist die eine Frage. Die andere Frage ist die nach der Benennung öffentlicher Plätze, Gebäude und damit auch Fussballstadien oder auch das Verankern ihrer kulturellen Werke in einer sogenannten deutschen "Leitkultur".

Wenn ein späterer CDU-Ministerpräsident während der NS-Zeit als Marinerichter Todesurteile zu fällen pflegte, würde ich dir in Bezug auf die Benennung von Straßen, öffentlichen Plätzen etc. absolut zustimmen. Nur war Alfred Kunze kein Richter, kein Henker und zumindest nach derzeitigem Kenntnisstand kein Folterknecht, sondern vor allem Fußballlehrer. Offenbar sah selbst die gegen NS-Verbrecher verhältnismäßig rigoros vorgehende DDR-Justiz keinen Anlass, Alfred Kunze vom Mitwirken im DDR-Sportwesen auszuschließen.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: fairclough am 05. Oktober 2018, 11:20
Das was ich geschrieben habe, bezieht sich nicht allein auf Alfred Kunze. D.h. ich stelle hier nicht den Namen des AKS in Frage. Mir ging es lediglich darum anzumerken, dass über so etwas gesprochen werden sollte. Was wir hier ja auch machen.
Bezüglich der Freiwilligkeit ist das in der Tat so eine Sache. Die Mitgliederzahlen der NSDAP legen jedoch den Schluss nahe, dass es für die meisten alles andere als ein Muss gewesen ist, in die Partei einzutreten. Nur mal so am Rande erwähnt. Wie die persönlichen Umstande jedes Einzelnen waren, steht auf einem anderen Blatt!
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Sündenbock am 05. Oktober 2018, 11:27
Damit gehe ich gern d'accord. Ich bin auch eher ein Freund davon, offen über die Dinge zu reden. Verschweigen bringt mittel- bis langfristig ohnehin nichts. Irgendwann wird es halt doch thematisiert, in diesem Falle leider aus dem hohen Elfenbeinturme des Ruhrbarons.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Esca am 05. Oktober 2018, 12:32
Wir werden uns in jedem Fall damit auseinander zu setzen haben. Sachlich, fair und reflektiert!
Ich denke aber nicht das wir klug beraten sind wenn wir eine so zentrale Figur wie Alfred Kunze, auf Grund einer unbewiesenen Äußerung in einem Zeitungsartikel, selber demontieren. Gerade auch mit Blick auf unsere Meisterelf. Die Jungs sind eben nicht mehr die Jüngsten und sie verehren wie wir alle ihren und unseren Meistertrainer Alfred Kunze. Solange nichts bewiesen ist gilt die Unschuldsvermutung!
Sollte doch etwas dran sein so hoffe ich inständig das er, wie viele, einfach nur eine „Karteileiche“ war. Das würde es nicht besser, aber etwas erträglicher machen.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Frau Suhrbier am 05. Oktober 2018, 13:15
Ich bin positiv überrascht wie sachlich über diesen Artikel diskutiert wird.  :daumen:

Bin persönlich kein Freund von der Jungle World, lese dann doch lieber die TAZ.
Zur Zeitung sei gesagt, das Sie nur eine Auflage von ca. 11.500 Exemplaren hat.
Bekanntheit hat sie erhalten durch bashing anderer Zeitungen (bevorzugt die junge Welt) und innerer Machtkämpfe in der Redaktion.
http://https://www.neues-deutschland.de/artikel/1053333.glueckwunsch-jungle-world-ihr-spielverderber.html

Mir hat der Artikel zu wenig Inhalt und verallgemeinert mir ein Problem was existiert.
Damit beziehe ich mich auf Dresden, die Person Rudolf Harbig sollte man doch sehr kritisch sehen.

Zur Alfred Kunze sollte noch erwähnt sein das er bis zur Auflösung 1933, beim Arbeitersportverein Südost mit seinem Bruder gespielt hat.

Ich selber bin sehr Interessiert an der Geschichte unseres Vereines und freue mich über eine Aufarbeitung. Doch sollten wir solch einen Artikel nicht überbewerten.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Almir am 05. Oktober 2018, 14:00
Also ich bin auch vollkommen gegen jede Hysterie, wir wissen ja nicht Mal ob es stimmt. Insofern erst Mal schauen ob sich überhaupt etwas in Erfahrung bringen lässt. Wenn dem nicht so ist, dann kann man das Thema auch Thema sein lassen.
Wie genau "freiwillig" im NS-Kontext zu definieren ist, darüber gibt es mit Sicherheit unterschiedliche Auffassungen. Selbiges gilt auch für andere totalitäre Staaten.

Nur eine generelle Anmerkung bezogen auf ein paar Äußerungen hier: Wir sollten jetzt nicht, nur weil die Diskussion eine von uns verehrte Person betrifft, Argumente bringen die wir anderen auch nicht durchgehen lassen würden. Daher unabhängig von Alfred Kunze:
NSDAP-Mitgliedschaft ist Scheiße, erst Recht wer vielleicht erst 1937 eingetreten ist. Punkt.
Es gibt genug Beispiele von Leuten die es anders gemacht haben, ohne gleich in den aktiven Widerstand zu gehen.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Waldstraßenchemiker am 05. Oktober 2018, 14:07
@waldstraßenchemiker: In der NSDAP-Mitglieder-Kartei in Berlin ist er nicht aufgeführt! Hatte da selbst mal nachgeschaut und ihn nicht gefunden. Das besagte Buch ist zwar vergriffen, kann aber in der Zweigbibliothek Sportwissenschaften im Campus Jahn-Allee eingesehen werden. Das will ich schon ewig mal machen, bin aber noch nicht dazu gekommen.

Edit: Nachtrag - die NSDAP-Mitglieder-Kartei ist jedoch nicht vollständig. D.h. dass der Umstand, Kunze ist dort nicht aufgeführt, im Umkehrschluss nicht unbedingt bedeutet, er war nie Mitglied. Ich vermute fast, der Autor des Buches bezieht sich auf einen MfS-Akte über Alfred Kunze.

Das ist korrekt, es sind nur ca. 90% aller Mitgliedschaftseinträge erhalten, es ist also theoretisch möglich - wenn auch im Einzelfall eher unwahrscheinlich-, dass eine Person dort nicht auftaucht aber trotzdem Parteimitglied war. Ein Eintrag in der Stasi-Akte wäre aber schon ein weniger belastbarer Quellenbeleg, weil Stasi-Akten für die NS-Zeit - logischerweise - nicht zeitgenössisch sind und sich die Frage stellt, woher der jeweilige Stasi-Agent, der die Akte geführt hat, wissen wollte, dass Alfred Kunze NSDAP-Mitglied war, wenn in der Mitgliederkartei kein Eintrag vorhanden war (Die teilweise Vernichtung der Kartei war schon 1945 erfolgt). Außerdem sind, das muss man nicht näher erläutern, Stasi-Akten keine "neutralen Dokumente" sondern haben eine Darstellungsabsicht, die nicht selten darin besteht, die jeweilige Person als "politisch unzuverlässig" erscheinen zu lassen. Die Behauptung einer NSDAP-Mitgliedschaft liegt dabei nahe.

Es wäre ja durchaus ein Ergebnis, wenn man nach einem Blick in das Leske-Buch und entsprechenden weitere Recherchen zu dem Ergebnis käme, dass eine NSDAP-Mitgliedschaft Alfred Kunzes zwar möglich aber nicht mit Sicherheit zu verifizieren ist und sich ansonsten keine Belege für eine politische Betätigung im Sinne des NS-Staates nachweisen lässt (dass er in der Wehrmacht war, sagt nichts, es galt damals eine Wehrpflicht wie bei uns bis vor 8 Jahren auch noch, sodass eine Angehörigkeit zur Wehrmacht keinesfalls als politisches Engagement gewertet werden kann. Mit der SS sieht es anders aus, da gab es nur freiwillige Mitglieder). Das würde nach meinem Empfinden ausreichen, um von einer eventuellen Umbenennung des Stadions, die Laurin ja implizit fordert, abzusehen.

Ich finde es wie andere schon gesagt haben, absolut richtig, solche Dinge zu debattieren, in angemessener Form und ohne Schaum vorm Mund. Wenn alle Debatten in unserer Gesellschaft so wie diese hier im Forum ablaufen würden, hätten wir weniger Probleme. :daumen:
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: thommy am 05. Oktober 2018, 14:33
NSDAP-Mitgliedschaft ist Scheiße, erst Recht wer vielleicht erst 1937 eingetreten ist. Punkt.

JA, es war mit heutigem Wissen was wir haben Scheisse !!! Aber Du hast genauso wenig wie ich jahrelangen Hunger kennengelernt, oder musstest permanent davor Angst haben eventuell kein Dach mehr über dem Kopf zu haben, Deinen Kindern keine Perspektive für ihr Leben aufzeigen zu können etc. pp

Die NSDAP hatte 1933 bereits fast 4 Millionen Mitglieder, und neben vielen späteren Verbrechern  :violent-smiley-007: waren da auch ganz viele einfache Leute dabei die einfach nur froh waren dass es wieder was zu essen gab, das sie wieder einen Arbeitsplatz hatten usw.

Wir haben einfach kein Recht voller Arroganz die Leute in der beschissenen damaligen Lage als dumm oder gar überzeugte Nazis zu bezeichnen, die alles später dagewesene Schlimme bewusst gewollt haben.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Esca am 05. Oktober 2018, 15:35
Das ist korrekt, es sind nur ca. 90% aller Mitgliedschaftseinträge erhalten, es ist also theoretisch möglich - wenn auch im Einzelfall eher unwahrscheinlich-, dass eine Person dort nicht auftaucht aber trotzdem Parteimitglied war. Ein Eintrag in der Stasi-Akte wäre aber schon ein weniger belastbarer Quellenbeleg, weil Stasi-Akten für die NS-Zeit - logischerweise - nicht zeitgenössisch sind und sich die Frage stellt, woher der jeweilige Stasi-Agent, der die Akte geführt hat, wissen wollte, dass Alfred Kunze NSDAP-Mitglied war, wenn in der Mitgliederkartei kein Eintrag vorhanden war (Die teilweise Vernichtung der Kartei war schon 1945 erfolgt). Außerdem sind, das muss man nicht näher erläutern, Stasi-Akten keine "neutralen Dokumente" sondern haben eine Darstellungsabsicht, die nicht selten darin besteht, die jeweilige Person als "politisch unzuverlässig" erscheinen zu lassen. Die Behauptung einer NSDAP-Mitgliedschaft liegt dabei nahe.

Es wäre ja durchaus ein Ergebnis, wenn man nach einem Blick in das Leske-Buch und entsprechenden weitere Recherchen zu dem Ergebnis käme, dass eine NSDAP-Mitgliedschaft Alfred Kunzes zwar möglich aber nicht mit Sicherheit zu verifizieren ist und sich ansonsten keine Belege für eine politische Betätigung im Sinne des NS-Staates nachweisen lässt (dass er in der Wehrmacht war, sagt nichts, es galt damals eine Wehrpflicht wie bei uns bis vor 8 Jahren auch noch, sodass eine Angehörigkeit zur Wehrmacht keinesfalls als politisches Engagement gewertet werden kann. Mit der SS sieht es anders aus, da gab es nur freiwillige Mitglieder). Das würde nach meinem Empfinden ausreichen, um von einer eventuellen Umbenennung des Stadions, die Laurin ja implizit fordert, abzusehen.

Ich finde es wie andere schon gesagt haben, absolut richtig, solche Dinge zu debattieren, in angemessener Form und ohne Schaum vorm Mund. Wenn alle Debatten in unserer Gesellschaft so wie diese hier im Forum ablaufen würden, hätten wir weniger Probleme. :daumen:

Ich muss dir in einem Punkt auf Grund der historischen Richtigkeit widersprechen. Mit dem Jahre 1943 und spätens seit der Ausrufung des „Totalen Kriegseinsatzes“ ging der Waffen-SS der „Elitestatus“ peu a peu verloren. Es wurde dort nicht mehr nach „Rassemerkmalen“ (dieser ganze Ariermist) und Freiwilligkeit eingezogen sondern dort eingezogen wo schlichtweg Bedarf war. Auch als Wehrpflichtiger konnte man dort landen, da bspw. die Mehrzahl der Panzerverbände SS-Verbände waren. Dies ist z.B. Herrn Grass passiert... So konnte es passieren das sogar Regimekritiker als Wehrpflichtige plötzlich in vermeintlichen Eliteverbänden der Waffen-SS eingesetzt wurden. Nicht umsonst gab es sogar ausländische Verbände welche sich wiederum auf Freiwilligkeit ihrer Mitglieder stützten. Niederländer, Dänen, Franzosen, Letten und Esten taten sich dabei trauriger Weise sehr hervor. Die Waffen-SS war zwar Teil der „normalen“ SS und daher in Greultaten und schwerste Kriegsverbrechen (z.B. Malmedy) hinter und an der Front viel stärker verwickelt als „normale“ Wehrmachtsverbände, jedoch waren sie militärisch der Wehrmachtsführung als offizielle Kampfverbände innerhalb der Wehrmacht unterstellt. Das nur mal zur historischen Einordnung um Konfusionen über „Zuständigkeiten“ der einzelnen Organisationen zu vermeiden.

Was die NSDAP-Mitgliedschaften angeht so muss man leider konstatieren das nahezu jedwede Mitgliedschaft vor Kriegsausbruch 1939 wohl auf Freiwilligkeit basierte.

Ich hatte über den ganzen Mist zu Schulzeiten eine Jahresabschlussarbeit schreiben müssen.

Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Almir am 05. Oktober 2018, 16:46
JA, es war mit heutigem Wissen was wir haben Scheisse !!! Aber Du hast genauso wenig wie ich jahrelangen Hunger kennengelernt, oder musstest permanent davor Angst haben eventuell kein Dach mehr über dem Kopf zu haben, Deinen Kindern keine Perspektive für ihr Leben aufzeigen zu können etc. pp

Die NSDAP hatte 1933 bereits fast 4 Millionen Mitglieder, und neben vielen späteren Verbrechern  :violent-smiley-007: waren da auch ganz viele einfache Leute dabei die einfach nur froh waren dass es wieder was zu essen gab, das sie wieder einen Arbeitsplatz hatten usw.

Wir haben einfach kein Recht voller Arroganz die Leute in der beschissenen damaligen Lage als dumm oder gar überzeugte Nazis zu bezeichnen, die alles später dagewesene Schlimme bewusst gewollt haben.

Sehe das etwas anders.
Nein, ich habe nicht jahrelangen Hunger kennengelernt, aber es gab genug Leute, die hatten Hunger, Angst, Zukunftssorgen und sind nicht in die NSDAP eingetreten (oder in anderen Staaten zu anderen Zeiten in andere Systemparteien), und dazu mussten sie keine Helden sein. Ich spreche niemanden ab, dass er aus gewichtigen (persönlichen) Gründen so gehandelt hat, dennoch zieht das als Entschuldigung wegen bekannter Gegenbeispiele nicht. Jeder Mensch hatte auch damals einen eigenen Kopf zum Denken und jeder der die Augen aufgemacht hat, hat spätestens nach 1933 gesehen was abgeht und hätte (ohne wirkliche negative Konsequenzen) sich der aktiven Mitwirkung verweigern können.
Und auch wenn es nur bedingt vergleichbar ist, ich habe in meinem Verwandtenkreis die ehemaligen SED-Leute satt, die mir immer wieder erklären, sie mussten ja (freiwillig!) in die SED eintreten, weil ansonsten sie und ihre Kinder schlechte Aussichten in der DDR gehäbt hätten. Und das sagen sie meinen anderen Verwandten ins Gesicht, die wegen der SED-Herrschaft bespitzelt wurden und im Knast saßen.

Sorry :victory:, hat mit Chemie gar nicht mehr so viel zu tun, und ob es überhaupt mit Alfred was zu tun hat wissen wir auch nicht...
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Waldstraßenchemiker am 05. Oktober 2018, 20:32
Ich muss dir in einem Punkt auf Grund der historischen Richtigkeit widersprechen. Mit dem Jahre 1943 und spätens seit der Ausrufung des „Totalen Kriegseinsatzes“ ging der Waffen-SS der „Elitestatus“ peu a peu verloren. Es wurde dort nicht mehr nach „Rassemerkmalen“ (dieser ganze Ariermist) und Freiwilligkeit eingezogen sondern dort eingezogen wo schlichtweg Bedarf war. Auch als Wehrpflichtiger konnte man dort landen, da bspw. die Mehrzahl der Panzerverbände SS-Verbände waren. Dies ist z.B. Herrn Grass passiert... So konnte es passieren das sogar Regimekritiker als Wehrpflichtige plötzlich in vermeintlichen Eliteverbänden der Waffen-SS eingesetzt wurden. Nicht umsonst gab es sogar ausländische Verbände welche sich wiederum auf Freiwilligkeit ihrer Mitglieder stützten. Niederländer, Dänen, Franzosen, Letten und Esten taten sich dabei trauriger Weise sehr hervor. Die Waffen-SS war zwar Teil der „normalen“ SS und daher in Greultaten und schwerste Kriegsverbrechen (z.B. Malmedy) hinter und an der Front viel stärker verwickelt als „normale“ Wehrmachtsverbände, jedoch waren sie militärisch der Wehrmachtsführung als offizielle Kampfverbände innerhalb der Wehrmacht unterstellt. Das nur mal zur historischen Einordnung um Konfusionen über „Zuständigkeiten“ der einzelnen Organisationen zu vermeiden.

Was die NSDAP-Mitgliedschaften angeht so muss man leider konstatieren das nahezu jedwede Mitgliedschaft vor Kriegsausbruch 1939 wohl auf Freiwilligkeit basierte.

Ich hatte über den ganzen Mist zu Schulzeiten eine Jahresabschlussarbeit schreiben müssen.

Der Günther Grass-Skandal bestand ja gerade darin, dass er sich für die Waffen-SS damals freiwillig gemeldet hatte, die Waffen-SS hat bis Kriegsende nur Freiwillige aufgenommen, auch wenn in den Wirren der Entnazifizierung oft anderes behauptet wurde aus naheliegenden Gründen (klassische Schutzbehauptung). Grass hat die Freiwilligkeit seiner Waffen-SS-Mitgliedschaft übrigens nie bestritten, sondern eingeräumt, dass er sie mit 17 Jahren als Jugendlicher einfach für eine Eliteeinheit gehalten habe, in der eine Mitgliedschaft anstrebenswert wäre.

Dasselbe gilt auch für die NSDAP-Mitgliedschaft, in der Geschichtswissenschaft gibt es einen weitgehenden Konsens darüber, dass es abgesehen von vielleicht einigen ganz ganz wenigen Ausnahmen keine Aufnahmen in die Partei gegen den Willen der Betroffenen gegeben hat und das bis in die letzten Kriegstage 1945. Die angeblichen Aufnahmen in die NSDAP ohne Wissen oder der Betroffenen oder unter Zwang sind zu 99,9% ein Mythos der Entnazifizierungszeit und ebenfalls als Schutzbehauptung zu bewerten.

Das ist alles intensiv erforscht worden, viel intensiver als die meisten anderen Kapitel der deutschen/europäischen Geschichte.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Esca am 05. Oktober 2018, 22:19
Der Günther Grass-Skandal bestand ja gerade darin, dass er sich für die Waffen-SS damals freiwillig gemeldet hatte, die Waffen-SS hat bis Kriegsende nur Freiwillige aufgenommen, auch wenn in den Wirren der Entnazifizierung oft anderes behauptet wurde aus naheliegenden Gründen (klassische Schutzbehauptung). Grass hat die Freiwilligkeit seiner Waffen-SS-Mitgliedschaft übrigens nie bestritten, sondern eingeräumt, dass er sie mit 17 Jahren als Jugendlicher einfach für eine Eliteeinheit gehalten habe, in der eine Mitgliedschaft anstrebenswert wäre.

Dasselbe gilt auch für die NSDAP-Mitgliedschaft, in der Geschichtswissenschaft gibt es einen weitgehenden Konsens darüber, dass es abgesehen von vielleicht einigen ganz ganz wenigen Ausnahmen keine Aufnahmen in die Partei gegen den Willen der Betroffenen gegeben hat und das bis in die letzten Kriegstage 1945. Die angeblichen Aufnahmen in die NSDAP ohne Wissen oder der Betroffenen oder unter Zwang sind zu 99,9% ein Mythos der Entnazifizierungszeit und ebenfalls als Schutzbehauptung zu bewerten.

Das ist alles intensiv erforscht worden, viel intensiver als die meisten anderen Kapitel der deutschen/europäischen Geschichte.

Das ist mir in der Tat absolut neu, da ich zur Zeit dieses Skandals einen sehr ausführlichen Zeitungsartikel las (war es die FAZ???) welcher eine eher gegenteilige Darstellung beinhaltet hatte.
Ergo er wäre noch als halbes Kind gezogen worden und eher zufällig dort gelandet, wenn es denn sowas wie Zufall gab. Das Blatt mit den 4 Buchstaben hatte ihn dagegen tagelang zerrissen. Da war er wohlbemerkt längst verstorben wenn ich es richtig in Erinnerung habe.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Waldstraßenchemiker am 05. Oktober 2018, 23:33
Das ist mir in der Tat absolut neu, da ich zur Zeit dieses Skandals einen sehr ausführlichen Zeitungsartikel las (war es die FAZ???) welcher eine eher gegenteilige Darstellung beinhaltet hatte.
Ergo er wäre noch als halbes Kind gezogen worden und eher zufällig dort gelandet, wenn es denn sowas wie Zufall gab. Das Blatt mit den 4 Buchstaben hatte ihn dagegen tagelang zerrissen. Da war er wohlbemerkt längst verstorben wenn ich es richtig in Erinnerung habe.

Grass hat sich im Rahmen der Veröffentlichung seines Romans "Beim Häuten der Zwiebel" im Jahr 2006 sozusagen "geoutet". Der Skandal bestand eben darin, dass er in der Waffen-SS war und nicht in der Wehrmacht, was seine freiwillige Meldung voraussetzt (eingezogen wurde man nur in die Wehrmacht), die er auch eingeräumt hat und mit jugendlicher Verblendung (er war damals wie gesagt 17 Jahre alt, also kein "halbes Kind" aber auch sicher kein Erwachsenener) erklärt hat. Mit Zufall hatte das aber nichts zu tun, niemand ist zufällig in der Waffen-SS gelandet, das ist unter Wissenschaftlern meines Wissens Konsens. Wieviel man auf die Handlungen eines 17jährigen geben muss, ist eine andere (und berechtigte) Frage.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Esca am 06. Oktober 2018, 10:04
Grass hat sich im Rahmen der Veröffentlichung seines Romans "Beim Häuten der Zwiebel" im Jahr 2006 sozusagen "geoutet". Der Skandal bestand eben darin, dass er in der Waffen-SS war und nicht in der Wehrmacht, was seine freiwillige Meldung voraussetzt (eingezogen wurde man nur in die Wehrmacht), die er auch eingeräumt hat und mit jugendlicher Verblendung (er war damals wie gesagt 17 Jahre alt, also kein "halbes Kind" aber auch sicher kein Erwachsenener) erklärt hat. Mit Zufall hatte das aber nichts zu tun, niemand ist zufällig in der Waffen-SS gelandet, das ist unter Wissenschaftlern meines Wissens Konsens. Wieviel man auf die Handlungen eines 17jährigen geben muss, ist eine andere (und berechtigte) Frage.

Um das Thema mal zu beenden.
Wikipedia sagt da bezüglich Grass und der „SS-Panzerdivision Frundsberg“ was anderes.
Das ist wohl auch eher ein Thema für den Geschichtsunterricht. Man sieht aber daran wie kontrovers das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte noch heute diskutiert wird. Es ist auch nicht leicht dieses Ausmaß an Wahnsinn zu begreifen.

Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: fairclough am 06. Oktober 2018, 10:12
Ein Eintrag in der Stasi-Akte wäre aber schon ein weniger belastbarer Quellenbeleg, weil Stasi-Akten für die NS-Zeit - logischerweise - nicht zeitgenössisch sind und sich die Frage stellt, woher der jeweilige Stasi-Agent, der die Akte geführt hat, wissen wollte, dass Alfred Kunze NSDAP-Mitglied war, wenn in der Mitgliederkartei kein Eintrag vorhanden war (Die teilweise Vernichtung der Kartei war schon 1945 erfolgt). Außerdem sind, das muss man nicht näher erläutern, Stasi-Akten keine "neutralen Dokumente" sondern haben eine Darstellungsabsicht, die nicht selten darin besteht, die jeweilige Person als "politisch unzuverlässig" erscheinen zu lassen. Die Behauptung einer NSDAP-Mitgliedschaft liegt dabei nahe.

Stimmt so nicht ganz. Das MfS war bezüglich der NS-Zeit extrem gut informiert und verfügte auch über die entsprechenden Quellen. Bereits in den letzten Kriegsmonaten und der frühen Nachkriegszeit wurde in Zusammenarbeit von Roter Armee, SMAD und deutschen Kommunisten Akten und anderes Material gesucht, gefunden und in Teilen nach Moskau gebracht bzw. auch später im MfS archiviert. Das MfS hatte eine eigene Abteilung die sich mit der NS-Zeit befasst hatte und diese Unterlagen genau ausgewertet hat - die HA IX/11. Bis heute ist es so, dass man bei der Suche vor allem nach Unterlagen der Gestapo die meisten Unterlagen in ehemaligen Stasi-Bestände findet.  Hinzu kommt noch, dass man Material aus Polen, der CSSR, Jugoslawien etc. sichtete. D.h. es könnte schon sein, dass es in der NSDAP-Mitgliedskartei keinen Nachweis über eine Mitgliedschaft Alfred Kunzes gibt, die entsprechenden Stasi-Unterlagen jedoch stichhaltige Belege dafür enthalten können. Kann so sein, muss es aber natürlich auch nicht.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: fairclough am 18. Oktober 2018, 08:05
Klingt spannend. Leider kann ich nicht hin.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Double1982 am 18. Oktober 2018, 14:24
sicher gehen wir alle zum SSV Stötteritz .. wo Kubald und Konsorten das sagen haben …

kurze Nachilfe für dich :

https://www.chemieblogger.de/tag/steffen-kubald/ (https://www.chemieblogger.de/tag/steffen-kubald/)

Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: DenDen am 18. Oktober 2018, 16:32
Aber muss das im PresseThread sein?
Ihr könnt das ja gern alles diskutieren, aber dann bitte im richtigen Thread.
Ich finde es absurd dass wir anhand seines Werdegangs, oder anhand von irgendwelchen Halbwahrheiten eines Schreiberlings eine Politikdiskussion starten, über so einen heiligen Menschen wie Alfred Kunze. Haben wir echt keine anderen Probleme? Das Schaffen Alfred Kunzes ist in jedem Grashalm im AKS fest verankert! Wer sich damit jetzt auf einmal nichtmehr identifizieren kann oder will, auf Wiedersehen! Irgendwann is auch mal gut..
Titel: Alfred Kunze
Beitrag von: Antoine Doinel am 18. Oktober 2018, 17:32
Ich bin im Besitz des im Pressethreads angesprochenen Buches von Hanns Leske und habe mal wg. der angesprochenen NSDAP-Mitgliedschaft Alfred Kunzes nachgeschaut. Leske zitiert dabei aus einem internen Stasi-Papier.

Zum besseren Verständnis habe ich mal das komplette Kapitel fotografiert. Das Zitat findet sich auf S. 127, die Quelle hierfür ist die Fußnote 106 auf S. 125, wenn ich das richtig sehe.

(http://fs5.directupload.net/images/181018/temp/k3vw3u2a.jpg) (http://www.directupload.net/file/d/5244/k3vw3u2a_jpg.htm)
(http://fs1.directupload.net/images/181018/temp/zu6nck6r.jpg) (http://www.directupload.net/file/d/5244/zu6nck6r_jpg.htm)
(http://fs1.directupload.net/images/181018/temp/whl3vlhi.jpg) (http://www.directupload.net/file/d/5244/whl3vlhi_jpg.htm)
(http://fs5.directupload.net/images/181018/temp/k5b5hmgo.jpg) (http://www.directupload.net/file/d/5244/k5b5hmgo_jpg.htm)


Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Double1982 am 18. Oktober 2018, 17:56
Aber muss das im PresseThread sein?
Ihr könnt das ja gern alles diskutieren, aber dann bitte im richtigen Thread.
Ich finde es absurd dass wir anhand seines Werdegangs, oder anhand von irgendwelchen Halbwahrheiten eines Schreiberlings eine Politikdiskussion starten, über so einen heiligen Menschen wie Alfred Kunze. Haben wir echt keine anderen Probleme? Das Schaffen Alfred Kunzes ist in jedem Grashalm im AKS fest verankert! Wer sich damit jetzt auf einmal nichtmehr identifizieren kann oder will, auf Wiedersehen! Irgendwann is auch mal gut..

Danke .. Dem ist nichts hinzuzufügen .. es muss Schluss damit ..
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Esca am 18. Oktober 2018, 18:08
Solange es keine stichhaltigen Erkenntnisse oder Beweise gibt sollte immer die Unschuldsvermutung gelten. Ein Zeitungsartikel oder ein Buchzitat ist weder eine Erkenntnis noch ein Beweis! Sondern eine Behauptung.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Dantel am 18. Oktober 2018, 19:23
Aber ihr habt schon gesehen, dass die Diskussion um unseren Meistertrainer ausgelagert ist und nun ein eigenes Thema hat? Wenn noch was zu sagen ist, dann bitte dort.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: Esca am 18. Oktober 2018, 19:48
Aber ihr habt schon gesehen, dass die Diskussion um unseren Meistertrainer ausgelagert ist und nun ein eigenes Thema hat? Wenn noch was zu sagen ist, dann bitte dort.

Ja, habe ich. Und es nervt.
Ich möchte die Diskussion aber hier her verlagern, wenn es denn überhaupt sein muss.
Solange nichts bewiesen oder stichhaltig nachprüfbar ist, finde ich die Verbindung des Namens Alfred Kunze mit den aufgestellten Behauptungen schlichtweg unpassend.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: T. aus FF am 19. Oktober 2018, 00:40
Alfred Kunze war Meistertrainer der legendären Mannschaft, die 1964 den DDR-Meistertitel und 1966 den FDGB-Pokal gewann.
Daher ist das Leutzscher Stadion heute nach Alfred Kunze benannt.
Ob er in der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte Mitglied der NDAP war, mag durch Quellen belegt sein oder auch nicht. Alfred Kunzes Lebensleistung jedenfalls lediglich auf eine mögliche NSDAP-Mitgliedschaft zu reduzieren und daraus die Behauptung herzuleiten, unser Stadion sei nach einem Nazi benannt, ist ziemlich weit hergeholt.

Im Gegensatz zu den drei westlichen Zonen bzw. der späteren BRD wurden in der sowjetischen Zone bzw. der späteren DDR mögliche Naziverbrechen wesentlich härter verfolgt und aufgeklärt. Ein nach Erkenntnissen der Stasi als Nazi einzustufender Fußballlehrer hätte wohl kaum die Chance bekommen, eine Oberliga-Mannschaft als Cheftrainer zu trainieren. Mehr als lediglich den (möglichen) Beitritt zur NSDAP - zitiert aus einem internen Stasi-Papier - scheint man Alfred Kunze nicht vorwerfen zu können. Auch daher ist die Behauptung, unser Stadion sei nach einem Nazi benannt, weit hergeholt.

Im Jungle-World-Artikel steht:  "1993 benannte Chemie Leipzig sein Stadion nach Alfred Kunze, einem NSDAP-Mitglied. Zuvor hatte es den Namen des ermordeten Widerstandskämpfers Georg Schwarz getragen.
Unter den wenigen Stadien, die noch nicht nach Sponsoren benannt sind, kommen Nazis als Namensgeber nicht selten vor:...
Das Stadion des Oberligisten Chemie Leipzig ist nach Alfred Kunze benannt, einem erfolgreichen Leipziger Trainer aus DDR-Zeiten, der 1937 der NSDAP beigetreten war. Nach ihm ist das Stadion erst 1993 benannt worden – zuvor hatte es den Namen von Georg Schwarz getragen, einem Widerstandskämpfer, der im Januar 1945 von den Nazis ermordet worden war." 

Das mehrfach auf Georg Schwarz verwiesen wird, ohne darauf hinzuweisen, dass dieser an repräsentativer Stelle im Eingangsbereich des Stadions nach wie vor (und eben gerade ganz bewusst) durch eine Tafel und regelmäßige Veranstaltungen geehrt wird, macht den Artikel eher tendenziös als seriös.

Mehr ist dazu aus meiner Sicht nicht zu sagen.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: fairclough am 19. Oktober 2018, 07:01
Leske zitiert dabei aus einem internen Stasi-Papier.

Es handelt sich um SED-Unterlagen. Edit: genauer gesagt: Die Abteilung Sport beim ZK der SED. De Frage wäre nun, woher diese die angeblichen Informationen her hatten. Muss nicht unbedingt das MfS sein - die SED hatte eigene sogenannte Partei-Informationsdienste etc.

Und mal ganz nebenbei: Ich finde die Äußerungen im Presse-Thread schon etwas befremdlich. Nur weil es um Alfred Kunze geht, soll sich niemand damit befassen? Käse! 1. Geht es hier doch niemandem darum, Alfred Kunze zu verunglimpfen und 2. ist es doch besser, wenn wir uns als Menschen, die Alfred Kunze mehr als wohlwollend gegenüber stehen damit befassen, als wenn es irgendwelche Ahnungslosen machen!
Und wie Esca ja auch sagt, gilt die Unschuldsvermutung. Und bitte kommt nicht mit diesem stumpfen "keine Politikdiskussion"-Gelaber!
Bis auf solche Äußerungen hatten wir doch eine gute Diskussion darüber mit teils recht unterschiedlichen Meinungen - aber so soll es doch auch sein...
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: fairclough am 19. Oktober 2018, 07:15

Das mehrfach auf Georg Schwarz verwiesen wird, ohne darauf hinzuweisen, dass dieser an repräsentativer Stelle im Eingangsbereich des Stadions nach wie vor (und eben gerade ganz bewusst) durch eine Tafel und regelmäßige Veranstaltungen geehrt wird, macht den Artikel eher tendenziös als seriös.

Damit hat sich der Autor des Artikels irgendwie selbst entlarvt - das mit der Gedenktafel wäre leicht herauszufinden gewesen, hat aber wohl nicht in sein Konzept gepasst
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Double1982 am 19. Oktober 2018, 09:54
Ich denke mir , das es wie üblich, um die Deformierung des Vereins geht , um Unruhe reinzubringen und die Fans wieder zu spalten . Der AKS bleibt der AKS , die Leistungen von Alfred Kunze und dieser Meistermannschaft , die trotz SED Diktatur und Kommunistisch Stalinistischen Sportbeschlüssen , allen trotz zu wieder , Meister geworden sind. Ich kann nicht nachvollziehen ,das hier einige auf diesen Zug aufspringen , vorher hätte man den Autor dieser Zeilen beleuchten müssen. Da fragt man sich nach der Motivation , bei diesen Schmierfinken, geboren im Ruhrgebiet , der auch nie die DDR Willkür erlebt hat , garantiert diese so noch nicht mal besucht hat und die unterm strich keinen deut besser war , als das 3. Reich, nur das der Lack rot war und nicht braun .
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Esca am 19. Oktober 2018, 10:11
Es handelt sich um SED-Unterlagen. Edit: genauer gesagt: Die Abteilung Sport beim ZK der SED. De Frage wäre nun, woher diese die angeblichen Informationen her hatten. Muss nicht unbedingt das MfS sein - die SED hatte eigene sogenannte Partei-Informationsdienste etc.

Und mal ganz nebenbei: Ich finde die Äußerungen im Presse-Thread schon etwas befremdlich. Nur weil es um Alfred Kunze geht, soll sich niemand damit befassen? Käse! 1. Geht es hier doch niemandem darum, Alfred Kunze zu verunglimpfen und 2. ist es doch besser, wenn wir uns als Menschen, die Alfred Kunze mehr als wohlwollend gegenüber stehen damit befassen, als wenn es irgendwelche Ahnungslosen machen!
Und wie Esca ja auch sagt, gilt die Unschuldsvermutung. Und bitte kommt nicht mit diesem stumpfen "keine Politikdiskussion"-Gelaber!
Bis auf solche Äußerungen hatten wir doch eine gute Diskussion darüber mit teils recht unterschiedlichen Meinungen - aber so soll es doch auch sein...

Ohne entsprechende Unterlagen (NSDAP-Mitgliederliste, NSDAP-Parteiausweis, Stasi-Unterlagen usw.) wird sich eine eventuelle NSDAP-Mitgliedschaft nicht beweisen lassen. Daher gilt, auch wenn ich mich wiederhole, die Unschuldsvermutung!
Dennoch bleibt auf Grund dieses Zeitungsartikels, basierend auf ein Buchkapitel, sowas wie ein kleiner Beigeschmack. Und genau da beginnt schon die Beschädigung. Man wird es wohl nie beweisen oder auch entkräften können. Findet man nichts sagt man: „Vielleicht wurden die Unterlagen im Zuge der Clausewitz-Befehle (Aktenvernichtung kurz vor Kriegsende) zerstört.“ Findet man doch etwas dann heißt es: „Ach du Schei*e.“ Es bleibt immer was hängen von solchen in den Wind gesprochenen Verdächtigungen. Weil sowas immer im Raum stehen wird und man sich davon nicht frei machen kann.
Wie soll man schon seine Unschuld beweisen? Er war kein „braver Kommunist“ und von daher wird man auch nichts Wohlwollendes oder Antifaschistisches von ihm finden. Eine NSDAP-Mitgliederliste kann dagegen immer irgendwo auftauchen. Auch wenn er nie Mitglied war, kann ja sein Name rein theoretisch immer irgendwann irgendwo auf Grund von Aktenfunden auftauchen. Eben dieses „kann sein“ macht diese öffentlich geführte Diskussion gefährlich und hat bereits deswegen schon ungewollt einen ganz kleinen Schatten über ihn erzeugt. Eventuell und hoffentlich zu Unrecht weil sich diese Behauptung einzig auf eine Buchseite und die Erwähnung in einem Zeitungsartikel stützt.
Man wird es eben nie beweisen oder entkräften können. Und er selbst kann es nicht mehr beantworten. Das wird von dieser Debatte unterm Strich zwangsläufig bleiben.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: fairclough am 19. Oktober 2018, 10:31
Eben dieses „kann sein“ macht diese öffentlich geführte Diskussion gefährlich und hat bereits deswegen schon ungewollt einen kleinen Schatten über ihn erzeugt.
Ich persönlich finde ein Nicht-Diskutieren gefährlicher bzw. würde dieses Ignorieren einen größeren Schatten erzeugen - vor allem in Anbetracht dessen, wofür die BSG Chemie steht und eintritt. Wichtige Schlagworte sind dabei Differenzierung und die Unschuldsvermutung.
Um es für mich abschließend zu formulieren: Ich finde es sinnvoll, der Sache nachzugehen bzw. darüber zu sprechen - gleichzeitig trage ich meinen Stoffbeutel mit Alfred Kunze im grünen Ehrenkranz stolz weiter, freue mich wenn die entsprechende Fahne im Block weht, trage das entsprechende T-Shirt mit seinem Konterfei und finde den akteullen Stand mit dem Stadionnamen bei gleichzeitiger Existenz der Tafel für Georg Schwarz ersteinmal unantastbar.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Dantel am 19. Oktober 2018, 10:55
Und mal ganz nebenbei: Ich finde die Äußerungen im Presse-Thread schon etwas befremdlich. Nur weil es um Alfred Kunze geht, soll sich niemand damit befassen? Käse! 1. Geht es hier doch niemandem darum, Alfred Kunze zu verunglimpfen und 2. ist es doch besser, wenn wir uns als Menschen, die Alfred Kunze mehr als wohlwollend gegenüber stehen damit befassen, als wenn es irgendwelche Ahnungslosen machen!
Und wie Esca ja auch sagt, gilt die Unschuldsvermutung. Und bitte kommt nicht mit diesem stumpfen "keine Politikdiskussion"-Gelaber!
Bis auf solche Äußerungen hatten wir doch eine gute Diskussion darüber mit teils recht unterschiedlichen Meinungen - aber so soll es doch auch sein...

Es soll sich nicht niemand damit befassen. Ich sehe das allerdings so, dass der Presse-Thread eher für neue Meldungen über Chemie ist und eine Diskussion solche dort eher mal überdeckt. Wenn eine Pressemeldung zur Diskussion wird, dann sollte man dem Rechnung tragen und ihr einen eigenen Raum geben, so wie das hier geschehen ist. Daran ist nichts verwerflich.

Was die Sache ansich angeht, so gilt es aus meiner Sicht zwei Dinge zu trennen:

1) Lässt sich Alfred Kunze als NSDAP-Mitglied nachweisen?

Der Beweis ist nicht erbracht, wenngleich die Indizien stark sind. Das mag uns nicht gefallen, ist aber das entstandene Bild. Offenbar wurde Alfred Kunze die Karriere in der DDR stark eingeschränkt, obwohl man von seinen fachlichen Kenntnissen überzeugt war. Dies eben aufgrund seiner angeblichen NSDAP-Zugehörigkeit. Das kann verschiedene Gründe haben, allerdings würde es wohl zu weit führen, eine Legende über ihn als Ausbilder in Rimini (Italien) zu erfinden um ihm die Karriere zu verbauen. Auf mich wirkt das unrealistisch. Die SED/ Stasi hatte offenbar eine Quelle und wenn man wirklich will, dann lässt die sich auch erschließen, ob in Berlin (WASt, Bundsarchiv) oder in Italien. Ich mag das nicht machen. Er ist auch mein Held.

2) Reicht ein solches Fehlverhalten aus, um das Lebenswerk eines Menschen vollständig zu zerstören?

Gesetzt der Fall, er wäre NSDAP-Mitglied gewesen: Man macht es sich leicht, wenn man von heute aus urteilt. Es ist eigentlich unverschämt. Wenn man nicht in dieser Situation war, dann kann man sich leicht zum Richter erheben. Ich selber bin als Pionier und FDJler aufgewachsen und war mir zu dieser Zeit völlig sicher, dass die DDR eine tolle Sache sei, bis mir nach und nach die Augen geöffnet wurden und ich von den Verbrechen dieses Staates erfuhr. Das brauchte seine Zeit und hatte nebenbei auch viel mit Chemie zu tun. Man verfällt so leicht einer Ideologie, gerade als junger Mensch. Das gilt im Übrigen auch für den Autor des Artikels. Das ist das Eine. Keiner von uns weiß, was Alfred Kunze bewogen haben könnte. Wollte er seine Lehrertätigkeit fortsetzen? War es Überzeugung? War es was anderes? Wir wissen es nicht. Es ist so leicht loszublöken: "Dann hätte er eben ein antifaschistischer Held sein müssen!" Nicht jeder kann ein Held sein. Und Helden sterben auch schnell. Nicht jeder will das. Wer das einfordert, muss sich erst einmal selbst hinterfragen und dann wahrscheinlich belügen.

Wie auch immer: Es wurden ihm keine Verbrechen zur Last gelegt und das ist, was für mich zählt. Wenn selbst die SED es nicht für nötig gehalten hat, ihn strafrechtlich zu verfolgen, dann deutet das stark auf ein Mitläuferverhalten, wie es unter extremistischen Diktaturen keine Seltenheit ist. Ich bin Alfred Kunze im Altersheim in Lößnig begegnet und hatte nicht den Eindruck, dass da ein Nazi vor mir sitzt. Und wir, wir ehren Alfred Kunze ja nicht wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft, sondern wegen seiner außergewöhnlichen Leistung als Fußballtrainer in seinem Leben danach. Das ist entscheidend und das sollten wir uns auch nicht zerschreiben lassen.

Im Grunde sind wir uns doch einig. Irgendwer hat vermeintlich, nicht wirklich bewiesen, einen dunklen Fleck auf der Weste unseres Meistertrainers gefunden und versucht damit, sein ganzes Leben schwarz oder braun einzufärben und unseren Verein gleich mit. Dass das in dieser Form unredlich ist, weil völlig undifferenziert, darüber sollten wir uns einig sein.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: fairclough am 19. Oktober 2018, 11:23
Auch wenn ich einige Punkte ein ganzes Stück anders sehe (vor dem Hintergrund des aktuellen NS- und DDR-Forschungsstandes), teile ich dein Fazit und denke, dass deine differenzierte Zusammenfassung der Sachlage ein würdiges Zwischenfazit sein kann - bis vielleicht irgendwer noch etwas Neues herausbekommt.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: derHarti am 19. Oktober 2018, 11:38
Ich denke mir , das es wie üblich, um die Deformierung des Vereins geht , um Unruhe reinzubringen und die Fans wieder zu spalten . Der AKS bleibt der AKS , die Leistungen von Alfred Kunze und dieser Meistermannschaft , die trotz SED Diktatur und Kommunistisch Stalinistischen Sportbeschlüssen , allen trotz zu wieder , Meister geworden sind. Ich kann nicht nachvollziehen ,das hier einige auf diesen Zug aufspringen , vorher hätte man den Autor dieser Zeilen beleuchten müssen. Da fragt man sich nach der Motivation , bei diesen Schmierfinken, geboren im Ruhrgebiet , der auch nie die DDR Willkür erlebt hat , garantiert diese so noch nicht mal besucht hat und die unterm strich keinen deut besser war , als das 3. Reich, nur das der Lack rot war und nicht braun .

Jo. Honecker hat ja höchstpersönlich die Ermordung von Millionen Juden/Roma/Schwulen/Asozialen und politischen Gegnern angeordnet weil es Untermenschen waren...
Meistens versuche ich deine Ergüsse zu ignorieren, hier gelingt es mir nicht. Der Vergleich 3. Reich und DDR ergibt keine Gleichstellung der Lebensverhältnisse. Fakt.

Zur Diskussion: bitte weitermachen. Hier wird bei einem hochemotionalen Thema sehr sachlich argumentiert. Ich wünschte mir, dass auch nur 10% der Diskussionen im Internet so verlaufen würden, dann wäre viel gewonnen.
Ich bin auch der Meinung, dass sich am Ende immer Fakten durchsetzen und diese ein scharfes Schwert sind. Die Beschäftigung mit dem Thema und die zugehörige Recherche sind m. M. n.positiv zu bewerten und haben nichts mit Nestbeschmutzung zu tun.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Dantel am 19. Oktober 2018, 11:55
Jo. Honecker hat ja höchstpersönlich die Ermordung von Millionen Juden/Roma/Schwulen/Asozialen und politischen Gegnern angeordnet weil es Untermenschen waren...
Meistens versuche ich deine Ergüsse zu ignorieren, hier gelingt es mir nicht. Der Vergleich 3. Reich und DDR ergibt keine Gleichstellung der Lebensverhältnisse. Fakt.

Zur Diskussion: bitte weitermachen. Hier wird bei einem hochemotionalen Thema sehr sachlich argumentiert. Ich wünschte mir, dass auch nur 10% der Diskussionen im Internet so verlaufen würden, dann wäre viel gewonnen.
Ich bin auch der Meinung, dass sich am Ende immer Fakten durchsetzen und diese ein scharfes Schwert sind. Die Beschäftigung mit dem Thema und die zugehörige Recherche sind m. M. n.positiv zu bewerten und haben nichts mit Nestbeschmutzung zu tun.

Dann verstehe ich ehrlich gesagt nicht, warum Du die von Dir so gelobte Sachlichkeit mit dieser überspitzten Provokation zu zerschmettern versuchst. Also manchmal...

Man kann doch extremistische Diktaturen nicht in Zahlen gegeneinander aufrechnen. Sie sind und bleiben so oder so verbrecherisch.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: fairclough am 19. Oktober 2018, 12:04
Bei manchem hier geäußerten Unfug platzt einem halt auch mal der Kragen. Da kann ich den ersten teil des Beitrags von Harti irgendwie nachvollziehen. Ich knirsche dann aber doch meist erstmal mit den Zähnen und ignoriere sowas eher, weil manche Äußerungen eh durchblicken lassen, dass Gegenargumente nichts bringen und auch nicht gehört werden wollen.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: derHarti am 19. Oktober 2018, 12:12
Dann verstehe ich ehrlich gesagt nicht, warum Du die von Dir so gelobte Sachlichkeit mit dieser überspitzten Provokation zu zerschmettern versuchst. Also manchmal...

Man kann doch extremistische Diktaturen nicht in Zahlen gegeneinander aufrechnen. Sie sind und bleiben so oder so verbrecherisch.

Gebe ich dir Recht, das wirkt nicht sehr konsistent, mir sind da dezent die Pferde durchgegangen.
Auch sind Diktaturen nicht rein durch Zahlen aufzurechnen und ich werde nicht die Erfahrungen der Menschen missachten die in Ihnen leben mussten aber diese zwei Diktaturen auf ein Niveau zu ziehen, das ist, sorry, unter aller Sau.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Esca am 19. Oktober 2018, 12:19
Ich persönlich finde ein Nicht-Diskutieren gefährlicher bzw. würde dieses Ignorieren einen größeren Schatten erzeugen - vor allem in Anbetracht dessen, wofür die BSG Chemie steht und eintritt. Wichtige Schlagworte sind dabei Differenzierung und die Unschuldsvermutung.
Um es für mich abschließend zu formulieren: Ich finde es sinnvoll, der Sache nachzugehen bzw. darüber zu sprechen - gleichzeitig trage ich meinen Stoffbeutel mit Alfred Kunze im grünen Ehrenkranz stolz weiter, freue mich wenn die entsprechende Fahne im Block weht, trage das entsprechende T-Shirt mit seinem Konterfei und finde den akteullen Stand mit dem Stadionnamen bei gleichzeitiger Existenz der Tafel für Georg Schwarz ersteinmal unantastbar.

Sicherlich muss die Diskussion erlaubt sein. Die Frage ist wann, wo und sind wir uns der Konsequenzen bewusst welche sich durch eventuelle Nachforschungen ergeben könnten?
Stichwort FC St. Pauli nur als Beispiel.


3.Reich: systematischer Massenmord und brutaler Vernichtungskrieg
DDR: Unrechtsstaat und Unterdrückung

Das Eine macht das Andere nicht „besser“. Es gibt da aber schon gravierende Unterschiede.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Dantel am 19. Oktober 2018, 12:36
Bei manchem hier geäußerten Unfug platzt einem halt auch mal der Kragen. Da kann ich den ersten teil des Beitrags von Harti irgendwie nachvollziehen. Ich knirsche dann aber doch meist erstmal mit den Zähnen und ignoriere sowas eher, weil manche Äußerungen eh durchblicken lassen, dass Gegenargumente nichts bringen und auch nicht gehört werden wollen.

Was man selbst erfahren hat wirkt stärker auf eine Persönlichkeit als das, was man gelesen hat oder was einem erzählt wurde. Es gibt kaum noch Menschen, die vom Leiden unter dem Nationalsozialismus berichten können, weil sie es erfahren mussten. Es gibt aber auch in unseren Reihen Leute, die sich noch sehr gut daran erinnern können, was ihnen in der DDR widerfahren ist, was sie durchlebt haben. Die Gefühle und Empfindungen, die daraus entstanden sind, sind stärker als die, die beim Lesen oder Hören entstehen. Das bewertet man dann auch unterschiedlich. Darin liegt die Krux. Und wenn man das nicht versteht, dann wahrscheinlich weil man weder das Eine noch das Andere erfahren hat. Darüber hinaus wiederhole ich mich:

Man kann extremistische Diktaturen nicht in Zahlen gegeneinander aufrechnen. Sie sind und bleiben so oder so verbrecherisch.

PS.: @derHarti: Ich freue mich über die teilweise Einsicht. Im Ergebnis kann man die beiden Diktaturen sicher nicht miteinander vergleichen, in ihrem Potential allerdings schon. Keiner von uns weiß, wie sich der Kommunismus ohne die Erfahrung des Nationalsozialismus entwickelt hätte.  Mielke hat gesagt "Ich liebe doch alle Menschen." Nach allem, was er getan oder veranlasst hatte, hat er das gesagt und wahrscheinlich auch geglaubt. Es kommt nur auf den Grad der extremistischen Verblendung an. Die Intention warum Extremisten Tötungen veranlassen, mag unterschiedlich sein. Das Ergebnis sind immer Opfer. Die Summe ist eine Frage der ausgewählten Feindbilder und der Möglichkeiten.
Titel: Re: Re: Presse
Beitrag von: ChristianS am 19. Oktober 2018, 12:40
Hallo zusammen,

ich habe nun alle Beiträge dieser aktuellen Diskussion in diesem neuen Thema zusammengeführt.

Schaut bitte noch einmal zurück auf diesen Beitrag:

Als studierter Historiker find' ich solche Themen - und ihre journalistische Aufarbeitung - immer interessant und würde mir dazu auch nochmal einen Kommentar erlauben. Zunächst einmal schreibt Herr Laurin (der Autor des Jungle-World Artikels) einfach nur recht pauschal, Alfred Kunze sei seit 1937 NSDAP-Mitglied gewesen. Diese Aussage belegt er nicht, was an sich erstmal OK ist, weil Fußnoten mit Quellenbelegen in Zeitungsartikeln halt unüblich sind, aber es gibt eben einen Unterschied zwischen einfachen Presseartikeln und wissenschaftlichen Fachtexten, und entsprechend unterschiedlich sind solche Texte auch zu gewichten. Nun bezweifle ich, dass Herr Laurin, der ja noch weitere Beispiele für von ihm behauptete Stadionbenennungen nach NSDAP-Mitgliedern anführt, in jedem einzelnen Fall in der NSDAP-Mitgliederkartei und der Gaukartei, die im Bundesarchiv vor Ort eingesehen werden können, recherchiert hat, sein impliziter Beleg scheint - ich lasse das unkommentiert - der Wiki-Artikel zu Alfred Kunze zu sein, in dem es im Abschnitt "Leben und Wirken" heißt: "Kunze war von 1937 bis 1945 Mitglied der NSDAP und Inspekteur bei der Wehrmacht" (aufgerufen am 4.10.2018). Belegt wird diese Äußerung durch einen Verweis auf folgendes Buch: Leske, Hanns: Erich Mielke, die Stasi und das runde Leder. Der Einfluss der SED und des Ministeriums für Staatssicherheit auf den Fussballsport in der DDR, 2. Aufl. Göttingen 2014 (in diesem Fall S. 268-269). Ich besitze das Buch nicht und es scheint auch derzeit vergriffen zu sein, wenn es hier jemanden gibt, der/die es hat, könnte er/sie ja mal reinschauen, ob es da einen belastbaren Quellenbeleg (Eintrag in der Mitgliederkartei, der Alfred Kunze mit Sicherheit zugeordnet werden kann) gibt. Würde mich interessieren.
 
Das wäre zumindest der erste Schritt, wenn dem so ist, müsste man natürlich in einem zweiten Schritt prüfen, ob sich anhand von Quellen nachweisen lässt, dass Kunze in der Partei mehr war als eine Karteileiche.

Anderseits zeigt es natürlich auch geradezu exemplarisch, wie kompliziert Geschichtsbewusstsein und kollektives Gedächtnis funktionieren. Als Historiker würde man analytisch unterscheiden zwischen einer historischen Person "Alfred Kunze", die es faktisch zwar gegeben hat, der wir uns aber nur durch Quellenstudium, Zeitzeugenbefragung u.ä. "annähern" können, ohne sie je in jeder Hinsicht erfassen zu können, einerseits und der im kollektiven Gedächtnis imaginierten Person "Alfred Kunze", die an das historische Faktum der Meisterschaft von 1964 und ihre - aus einer bestimmten Perspektive empfundenen - Begleitumstände anknüpfend zur Projektionsfläche aller möglichen für den Verein und seine Fans sinnstiftende Ideale geworden ist, anderseits. Dabei geht es aber nicht darum - das wird nämlich von Nicht-Historikern oft missverstanden! -, zu sagen, dass das eine "richtig" und das andere "falsch" ist, sondern eher, zwei (oder besser: mehrere) verschiedene Ebenen von "Realität" zu unterscheiden und sie nicht zu vermengen. Selbst wenn Alfred Kunze (die historische Person) in der NSDAP ein wirklich aktives Parteimitglied war, ist das Stadion in Leutzsch ja nicht deswegen nach ihm benannt, die Bennenung bezieht eben sich ganz eindeutig auf den "Alfred Kunze", der im kollektiven Gedächtnis der Chemie-Anhänger konstruiert wurde, nämlich im Wesentlichen den Meistertrainer von 1964 und die mit ihm vage assoziierten "Leutzscher Tugenden". Den Fehler, diese Ebenen zu vermischen, muss man Herrn Laurin, der offenbar kein Historiker ist ;-), schon attestieren, weil sich sein Artikel für jemanden, der mit dem Leipziger Fußball nichts zu tun hat, so liest, als sei die Stadionbenennung ein Zeichen dafür, dass Chemie ein Nazi-Verein sei. Richtig ist ganz evident das Gegenteil.

Ich glaube nicht, dass irgendjemand hier die Absicht hat, Denkmäler in Leutzsch einzureißen. Es geht vielmehr darum, sich mit einem schwierigen und natürlich auch ein Stück weit unangenehmen Thema auseinanderzusetzen und herauszufinden, wer die historische Person Alfred Kunze war.

Ich kann deshalb nur an alle appellieren, hier weiterhin so besonnen zu diskutieren. Bitte lasst die persönlichen Angriffe gar nicht erst aufkommen. Danke!

Was ich hier nicht machen werde, ist dieses Thema zu schließen oder zu sperren. Unangenehme Themen muss man diskutieren können. Sie zu unterdrücken halte ich für falsch.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Double1982 am 19. Oktober 2018, 13:16
Aber dann bitte  ! den Thread nur mit fundierten Fakten weiterführen (Quellen , Nachweise, Bild oder Dokumente )  und nicht spekulativ oder  emotional ohne jeden Nachweis von Behauptungen , das währe alles andere als sachlich und  gut .Und schon gar nich mit dem  SSV Stötteritz  , der von Kloisten geführt wird .
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: derHarti am 19. Oktober 2018, 14:00
Was man selbst erfahren hat wirkt stärker auf eine Persönlichkeit als das, was man gelesen hat oder was einem erzählt wurde. Es gibt kaum noch Menschen, die vom Leiden unter dem Nationalsozialismus berichten können, weil sie es erfahren mussten. Es gibt aber auch in unseren Reihen Leute, die sich noch sehr gut daran erinnern können, was ihnen in der DDR widerfahren ist, was sie durchlebt haben. Die Gefühle und Empfindungen, die daraus entstanden sind, sind stärker als die, die beim Lesen oder Hören entstehen. Das bewertet man dann auch unterschiedlich. Darin liegt die Krux. Und wenn man das nicht versteht, dann wahrscheinlich weil man weder das Eine noch das Andere erfahren hat. Darüber hinaus wiederhole ich mich:

Man kann extremistische Diktaturen nicht in Zahlen gegeneinander aufrechnen. Sie sind und bleiben so oder so verbrecherisch.

PS.: @derHarti: Ich freue mich über die teilweise Einsicht. Im Ergebnis kann man die beiden Diktaturen sicher nicht miteinander vergleichen, in ihrem Potential allerdings schon. Keiner von uns weiß, wie sich der Kommunismus ohne die Erfahrung des Nationalsozialismus entwickelt hätte.  Mielke hat gesagt "Ich liebe doch alle Menschen." Nach allem, was er getan oder veranlasst hatte, hat er das gesagt und wahrscheinlich auch geglaubt. Es kommt nur auf den Grad der extremistischen Verblendung an. Die Intention warum Extremisten Tötungen veranlassen, mag unterschiedlich sein. Das Ergebnis sind immer Opfer. Die Summe ist eine Frage der ausgewählten Feindbilder und der Möglichkeiten.

Hier bin ich gegensätzlicher Meinung. Die Ideologie des Nationalsozialismus vertrat/vertritt grundsätzlich die Ungleichheit/Unwertigkeit von Menschen. Der Millionenfache Mord ist somit folgerichtig, moralisch legitimiert und führte als letzte Konsequenz zu industriellen Tötung von Menschen.
Eine große Machtkonzentration birgt immer das Potential einer Diktatur, da gehe ich mit. Der Nationalsozialismus birgt kein Potential, dort ist die Diktatur systemimmanent.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Esca am 19. Oktober 2018, 14:11
Der Nationalsozialismus vermischt Ideologie mit Darwinistischen Thesen, Rassenlehre und ein Stück weit Religion. Garniert mit sozialen Eckpfeilern.
Der Mensch ist nur was Wert wenn er stark, mutig, gesund und vor allem deutsch bzw. arisch ist.
Man grenzt aus, man selektiert und jeder der nicht dazu gehört ist minderwertig, ja nichts Wert und hat zu sterben. Der fremde wie der eigene Tod wird einfach hingenommen.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: thommy am 19. Oktober 2018, 14:16
@derHarti

Ich verachte den Nationalsozialismus zutiefst. Aber wo liegt Deiner Meinung nach der Unterschied zum verbrecherischen Stalinismus, einem Menschen, der ebenfalls millionenfach gemordet hat und auf den man sich trotz dessen noch viele Jahre nach Gründung der DDR berief und dessen Erbe man weiterführen wollte ?
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Dantel am 19. Oktober 2018, 14:38
Hier bin ich gegensätzlicher Meinung. Die Ideologie des Nationalsozialismus vertrat/vertritt grundsätzlich die Ungleichheit/Unwertigkeit von Menschen. Der Millionenfache Mord ist somit folgerichtig, moralisch legitimiert und führte als letzte Konsequenz zu industriellen Tötung von Menschen.

Das kann man so sehen. Oder besser: Es ist schwer, das nicht so zu sehen. Keine Frage, dass der Rassismus als Standbein des Nationalsozialismus und die Konsequenzen daraus das Volumen der Verbrechen derart in die Höhe geschraubt haben, dass man eigentlich ein neues Wort dafür erfinden müsste. Da bin ich bei Dir.



Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Esca am 19. Oktober 2018, 14:43
@derHarti

Ich verachte den Nationalsozialismus zutiefst. Aber wo liegt Deiner Meinung nach der Unterschied zum verbrecherischen Stalinismus, einem Menschen, der ebenfalls millionenfach gemordet hat und auf den man sich trotz dessen noch viele Jahre nach Gründung der DDR berief und dessen Erbe man weiterführen wollte ?

Das hat ja selbst die Sowjetunion unter Chrustschow verstanden und Stalin soweit es ging getilgt.
Für mich hat der Stalinismus mit seinen Gulags, dem NKWD und den sibirischen Folterlagern nichts mit der Idee des Kommunismus zu tun! Der Stalinismus tritt den Kommunismus und die Idee eines Karl Marx mit Füßen. Und die DDR hatte auch nichts mit Sozialismus zu tun! Man kann Menschen nicht unterjochen, einsperren und versklaven. Das haben alle Diktaturen gemein. Unterdrückung!

Stalin hatte nur Glück das es zu jener Zeit mit Hitler und Mussolini noch zwei schlimmere Verbrecher in Europa gab.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: thommy am 19. Oktober 2018, 15:03
Esca, das würde ich so nicht ganz unterschreiben wollen.

Sehr viele stramm überzeugte Kommunisten der KPD der 40-und frühen 50-er Jahre, welche sich sehr wohl auf das Erbe von Marx und Engels beriefen, haben die Zwangsheirat mit der SPD zur SED vorangetrieben. Wer als überzeugter Sozialdemokrat nicht dafür war, wurde beschimpft, gedemütigt und als Revanchist in die braune Ecke gestellt. Es gab Verhaftungen und Folterungen von Verweigerern. Der vorherige SPD-Vorsitzende Otto Grotewohl wollte, ich zitiere, den "Widerspruch ausrotten". Sukzessive wurden entscheidende Positionen allesamt in die Hand gehorsamer Parteisoldaten übergeben.

Einige wehrten sich noch gegen den Weg, aber Zehntausende gerieten so vor ein Militärtribunal und wurden zum Tode, zu Gefängnis- oder Lagerhaft verurteilt. Oder verschwanden halt einfach auf Nimmer Wiedersehen.

Auch der "Kommunismus" hat Blut an den Fingern.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: derHarti am 19. Oktober 2018, 15:06
@derHarti

Ich verachte den Nationalsozialismus zutiefst. Aber wo liegt Deiner Meinung nach der Unterschied zum verbrecherischen Stalinismus, einem Menschen, der ebenfalls millionenfach gemordet hat und auf den man sich trotz dessen noch viele Jahre nach Gründung der DDR berief und dessen Erbe man weiterführen wollte ?

Der Stalinismus war eine menschenverachtende, pervertierte Form der ihm zu Grunde liegenden Ideologie. Beim Nationalsozialismus muss ich nichts pervertieren, der ist an sich menschenverachtend. Ich möchte das aber auch nicht ins Verhältnis setzen oder relativieren. Für Millionen tote Menschen gab es diesen Unterschied nicht.

Aber: es ging im von mir kritisierten Post darum, dass die DDR dem Nationalsozialismus ebenbürtig war und das lehne ich als Aussage immer noch ab. Denn neben anfänglicher Stalinverehrung mit Denkmälern, Straßen- und Stadtnamen gab es auch irgendwann die Entstalinisierung (ähnlich lasch umgesetzt wie die Entnazifizierung, zugegeben, aber immerhin war es Staatsdoktrin) sowie hauptsächlich die Abgrenzung zur NS-Zeit die offensichtlich dazu geführt hat, dass es keine KZs und Massenmorde mehr gab. Auch hier gesagt, ich möchte in dem System nicht leben und bin froh, dass ich den Großteil meines Lebens außerhalb verbracht habe. Auch hier ist jedes Unrecht eins zu viel.
Titel: Re: Alfred Kunze
Beitrag von: Sündenbock am 19. Oktober 2018, 18:49
Hier bin ich gegensätzlicher Meinung. Die Ideologie des Nationalsozialismus vertrat/vertritt grundsätzlich die Ungleichheit/Unwertigkeit von Menschen. Der Millionenfache Mord ist somit folgerichtig, moralisch legitimiert und führte als letzte Konsequenz zu industriellen Tötung von Menschen.
Eine große Machtkonzentration birgt immer das Potential einer Diktatur, da gehe ich mit. Der Nationalsozialismus birgt kein Potential, dort ist die Diktatur systemimmanent.

Nun, man könnte dagegen halten, dass der Marxismus spätestens seit seiner leninistischen Ausprägung die Umerziehung und Konditionierung der Erdenbewohner zu "neuen (Sowjet-)Menschen" als Grundvoraussetzung zur Erreichung des kommunistischen Fernziels vorgesehen hat. Wer bei dieser Indoktrinierung nicht mitmachen wollte oder gar in Verdacht geriet, dem Fortschritt im Wege zu stehen, wurde verfolgt oder ermordet.

Die Grundlagen dafür finden sich in den Werken der entsprechenden Vordenker, ähnlich wie bei Hitler im Falle des Nationalsozialismus. Umsetzer fanden sich im Laufe der Geschichte weltweit zu Genüge. Eine "Diktatur" ist im Übrigen auch dem theoretischen Marxismus selbst immanent, dort heißt es eben "Diktatur des Proletariats" (später verkörpert durch die jeweilige Kommunistische Partei).

Ist ziemlich off-topic alles, aber dieses "der NS ist von Natur aus böse" vs. "der Kommunismus wollte ja eigentlich das richtige, nur seine Manager waren nicht so dolle" ist mir dann etwas zu plump.

Wo Ideologien mit dem Vorhaben antreten, die Menschen in ihrer Gesamtheit von ihren Segnungen zu überzeugen und anschließend entsprechend umformen wollen, da wird es immer kritisch, so jedenfalls meine persönliche Ansicht.

PS: Dies alles ändert meiner Meinung nach aber nichts an der Tatsache, dass die beiden deutschen Diktaturen hinsichtlich ihrer Verbrechen qualitativ und quantitativ nicht gleichsetzbar bleiben. Habe zum Glück beide nicht miterlebt, auch wenn ich Chemie gern mal vor mehr als zwanzigtausend im damaligen GWS gesehen hätte.

PPS: Die Art und Weise, wie hier das sensible Alfred Kunze-Thema diskutiert wurde und wird, finde ich nach wie vor super. Wenn wir diese Kultur auch in anderen Fragen etablieren könnten, wäre mir für die Zukunft nicht bange.