Dir juckt es schon seit Wochen ab den Fingern aber du willst nicht der erste sein, der es sagt, oder?
Dann mach ich eben mal den Buhmann: Mein Eindruck ist, dass es zwischen Mannschaft und Trainer überhaupt nicht mehr stimmt. Das Problem liegt nicht auf fußballerischer Ebene, der Trainer ist hochqualifiziert, die Mannschaft hat die Qualität der Vorjahre. Aber auf dem Platz ist ja immer nur ein Teil der Geschichte.
Tun wir mal so, als hätte ich damit recht und spielen das durch. Hypothese: Mannschaft und Trainer haben sich auseinander gelebt. Das ist dann erstmal ein riesiges Dilemma, weil beide Seiten, Trainer und Spieler, mittlerweile zum Äußersten bereit scheinen und ein Punkt überschritten zu sein scheint, ab dem es kein Zurück mehr gibt. Ein nachhaltig gestörtes Verhältnis. Jetzt würde man in der Regel den Trainer entlassen, aber einen Trainer zu entlassen, der einen Vertrag bis 2027 hat, wäre für einen Verein wie unseren eine teure Angelegenheit. Und da ist ja dann noch seine unbestrittene fußballerische Fachkompetenz. Und der Verein hat ja auch kein Geld. Wir haben es nicht geschafft, die positive Entwicklung der letzten Jahre in Sponsorenzuwachs umzuwandeln. Und das Netzwerk scheint auch nicht fühlbar dichter und weiter zu reichen, wir leben von der Substanz. Und die fließt mit jedem, der den Verein verlässt, immer mehr ab. Wahrscheinlich ist das Polster so dünn, dass es nicht einmal für einen neuen Trainer reichen würde. Der Verein weiß das und der Trainer weiß das. Die Mannschaft weiß das auch. Und trotzdem zieht momentan jeder seine Nummer durch. Wenn keiner zurücksteckt ist die Katastrophe unvermeidbar.
Vielleicht haben Entscheidungsträger Hoffnung, dass die Mannschaft sich irgendwann aus Rücksicht auf Fans und Siegprämien wieder ein kriegt, also Augen zu und durch. Ich habe diesen Eindruck nicht. Wenn nichts passiert, dann holen wir bis Weihnachten keinen Punkt mehr und haben nur Zeit verloren. Bleiben alle stur, dann steigen wir am Saisonende ganz klar ab und fangen wieder fast ganz von vorne an. Im schlimmsten Fall steigt Lok zeitgleich auf und die Dosen recken die Schale in den Himmel. Hat irgendjemand eine Ahnung, was das für uns bedeuten würde? Dann werden wir kein St. Pauli, kein Union, dann enden wir wie Fortuna Köln oder Altona 93. Es gibt Leute, denen das egal zu sein scheint, weiß ich, mir ist es aber nicht egal. Den ersten Abstieg hab ich verstanden, für diesen hätte ich kein Verständnis.
Das Problem muss zeitnah gelöst werden. Sonst wird das eine "chemische Geschichte" und das sind traurige Geschichten. Irgendwann muss man auch mal aus der Vergangenheit lernen. Ich möchte, wenn all das so ist, wie ich es hier zeichne, wenn es so ist, nicht in der Rolle irgendeines Beteiligten stecken, aber für mich ist klar: Hier müssten sich dann endlich mal Männer gegenseitig ins Gesicht sagen, was sie denken, ohne Rücksicht auf Verluste. Das würde nicht ohne Schmerzen enden, aber sonst enden eben die Schmerzen nicht. Die Zeit der Spielchen dürfte vorbei sein. Es müssten Entscheidungen fallen.
Wie gesagt: So stellt sich mir in meinem Kopf die Situation dar. Ich hab halt in Leutzsch in einer inzwischen langen Vergangenheit viel erleben müssen, das hinterlässt Spuren. Ich hatte viel Hoffnung, dass es diesmal anders wird, jetzt allerdings kehren die Geister der Vergangenheit in meinen Kopf zurück.
Aber vielleicht ist es auch ganz anders: Dann ist der Trainer blind, und die Mannschaft ist blind und der Vorstand ist blind, der Verein hat kein Geld, somit keine Wahl und dann steigen wir zurecht ab. Also dann hätte ich diesmal aber lieber recht. Denn dann hätten wir eine Wahl.