Ich habe eine etwas andere Sicht auf die Regeländerungen. In diesem Falle erscheinen mir diese nämlich durchaus sinnvoll, einige davon sind Revisionen vergangener Schrottregeln/-änderungen. So dumm oder "fußballzerstörerisch", wie hier einige tun, sind sie jedenfalls nicht.
Meine Ansicht zu den einzelnen Änderungen (nach der verlinkten MDR-Auflistung):
Handspiel: Jedes Tor, das mit der Hand oder dem Arm erzielt wird, ist irregulär - ob Absicht vorliegt oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Auch wenn ein Spieler mit der Hand oder dem Arm in Ballbesitz gelangt und sich dadurch einen klaren Vorteil verschafft - also beispielsweise anschließend ein Tor erzielt - soll dies in jedem Fall geahndet werden.
Unabhängig von der Absicht liegt ebenso in der Regel ein Vergehen vor, wenn der Spieler seine Körperfläche unnatürlich vergrößert - etwa bei Armhaltung über Schulterhöhe. Es ist in der Regel kein Handspiel, wenn der Ball vom eigenen Körper oder vom Körper eines anderen Spielers an die Hand oder den Arm springt oder der Spieler sich im Fallen abstützt.
Diese Präzisierungen finde ich allesamt okay. Im Grunde wird es bereits jetzt so praktiziert, seitens Schiris und Spielern. Sind wir mal ehrlich: Kaum einer von uns will doch, dass ein Tor mit der Hand erzielt wird, egal ob beabsichtigt oder nicht. Versetzt euch einfach nur in die Situation, dass im Derby mal so das entscheidende Gegentor fällt. Ich hoffe nur, das führt jetzt nicht dazu, dass die Schiris jede (unabsichtliche) Ballberührung mit der Hand im Mittelfeld automatisch abpfeifen und einen Freistoß verhängen. Aber die Formulierung "klarer Vorteil" sagt schon: Es geht wirklich um entscheidende und nicht um Pillepalle-Situationen.
Ganz wichtig auch nochmal die Unterstreichung, was zuvor nur als Handlungsanweisung im Regelwerk stand: Geht ein Ball von einem Körperteil, das den Ball spielen darf (etwa dem Oberschenkel), an die Hand, so ist dies fortan kein Handspiel mehr. Teilweise gab es da in den letzten Jahren wirklich sehr unglückliche Elfmeterentscheidungen. Insgesamt müssen wir (die Schiris und der Fußball allgemein) wieder mehr dahin zurück, motorisch nachvollziehbare Bewegungen weniger mit Handspiel-Pfiffen zu bestrafen.
Anmerkung meinerseits: Dieses ganze Elend um die Handspiele ist nicht aufgrund von Langeweile des internationalen Regelboards zustande gekommen, sondern in erster Linie wegen der Spieler (bzw. deren Verhaltens) aller Spielklassen. Wenn diese und die Zuschauer halt schon vor Jahrzehnten bei jeder sinnlosen Scheiße "Hand" brüllen, dann führt dies einfach früher oder später zu einer Verschiebung der allgemeinen Wahrnehmung. Das erreicht dann halt auch irgendwann mal die Regelmacher. Vereinfacht gesagt nach dem Motto: "Okay, ihr wollt konsequente Entscheidungen bei Ballberührungen mit der Hand, dann kriegt ihr sie auch." Nun haben wir den Salat.
Trainer: In Zukunft können auch Trainer und andere Offizielle genau wie die Spieler mit einer Gelben oder Roten Karte bestraft werden. Kann der Schuldige nicht ausgemacht werden, erhält automatisch der Chef-Trainer die Verwarnung bzw. den Innenraumverweis.
Nicht selten kommen unsportliche Zwischenrufe von der Bank nicht nur aus dem Mund des Trainers, sondern übermotivierter Offizieller. Diese tauchen dann stets schnell ab, "verstecken sich". Mit der Änderung sollte dies nicht mehr so sein, dann ist nämlich der Trainer für "seinen Laden" verantwortlich.
Münzwurf: Bislang durfte der Gewinner des Münzwurfs die Seite auswählen, von der seine Mannschaft spielen wollte. Nun darf der Gewinner zwischen Seitenwahl und Anstoß wählen.
Sinnlos, aber auch nicht wirklich schädlich.
Auswechslung: Um Zeitspiel zu verhindern, muss der ausgewechselte Spieler fortan das Feld an der nächstmöglichen Linie verlassen - das kann Torlinie oder Seitenauslinie sein. Das Abklatschen mit dem Einwechselspieler in Höhe der Mittellinie wird damit seltener.
Finde ich gut. Die beim Fußball teilweise sehr langen Unterbrechungszeiten werden reduziert.
Mauer: Bei einem Freistoß in Tornähe dürfen sich die Spieler der ausführenden Mannschaft nicht mehr in die Mauer stellen. Sie müssen einen Meter Abstand halten. Vorausgesetzt: Die Mauer besteht aus drei oder mehr Abwehrspielern.
Geht etwas zu Lasten ausgefeilter Freistoßvarianten, allerdings zu Gunsten der Abwehrspieler, die bisher eigentlich nur verlieren konnten. (Erneuter Freistoß bzw. sogar Elfmeter zu befürchten beim Versuch, den drängelnden Stürmer aus der Mauer zu schieben.)
Strafstoß: Der Torhüter muss beim Strafstoß künftig nur noch mit einem Fuß auf Höhe der Torlinie stehen, nicht mehr mit beiden Füßen.
Eine typische Regelanpassung an die schon längst praktizierte Realität. Kaum ein Hüter bleibt bekanntlich bis zur Ausführung auf der Linie. Die meisten versuchen den Winkel zu verkürzen, indem sie sich nach vorn bewegen. Mit dieser Anpassung legalisiert man dies quasi nachträglich.
Abstoß/Freistoß: Bisher musste der Ball immer erst den Strafraum verlassen, ehe er von einem Mitspieler berührt werden durfte. Jetzt dürfen Mitspieler ihn auch im Strafraum annehmen. Der Ball ist im Spiel, sobald er mit dem Fuß gespielt wurde und sich eindeutig bewegt. Gegenspieler dürfen allerdings erst außerhalb des Strafraums an den Ball.
Eine der wichtigsten Änderungen im Regelwerk, seit Jahren überfällig. Bisher war es theoretisch möglich, auf Zeit zu spielen, indem der Verteidiger den Ball bei einem kurzen Abstoß bereits im Strafraum berührt. Dann war eine Wiederholung des Abstoßes fällig, kein Freistoß für den Gegner. Theoretisch wäre es möglich, dies über 90 Minuten sanktionsfrei (!) zu praktizieren. Dies fällt nun flach. Etwas unklar bleibt in dem Text, ob die Angreifer solange außerhalb des Strafraums bleiben müssen, bis der Ball diesen verlassen hat, oder ob es nur um die Ballberührung geht. Wird sicher im Regeltext präziser stehen.
Freistoß: Freistöße dürfen auch dann schnell ausgeführt werden, wenn der Schiedsrichter noch eine Gelbe oder Rote Karte zeigen will. Die Verwarnung kann er bei der nächsten Spielunterbrechung nachholen, um somit eine mögliche Torchance nicht zu verhindern.
Sehe ich kritisch. Sicherlich gut gemeint, man will das Spiel schnell halten und die verteidigende Mannschaft, mit einer zu befürchtenden Doppelbestrafung von taktischen Fouls abhalten: Ein taktisches Foul bringt dank der zukünftigen schnellen Ausführung (und unmittelbaren Fortsetzung des Angriffs) keine Zeit mehr, sich zu sortieren bzw. den gegnerischen Angriff komplett zu unterbinden. Und die Verwarnung sieht der Übeltäter am Ende trotzdem.
Auch die komische Situation, dass sich der Schiri bei einem taktischen Foul bei der angreifenden Mannschaft (deren Angriff durch das taktische Foul unterbrochen wurde) fast schon dafür entschuldigen musste, die Gelbe Karte zu zeigen und damit das Spiel für mindestens eine Minute zu unterbrechen, gehört damit der Vergangenheit an.
Aber: Das für mich Schöne am Fußball, dass der Schiri eine Entscheidung trifft und das dann halt amtlich ist und beide Mannschaften damit leben müssen (im Guten wie im Schlechten) ist weiter aufgeweicht, wenn auch lange nach der Spielfortsetzung noch persönliche Strafen (Karten) verhängt werden können. Das nervt die Fans schon beim Videobeweis so hart und wird fortan nicht besser.
Schiedsrichter: Der Schiedsrichter ist künftig nicht mehr «Luft». Bislang lief die Partie einfach weiter, wenn der Unparteiische vom Ball getroffen wurde. Fortan gilt: Wird er angeschossen und ändert damit die Spielrichtung bzw. den Ballbesitz oder geht der Ball dadurch sogar ins Tor, gibt es Schiedsrichter-Ball.
Kann man so machen.
Schiedsrichter-Ball: Es erhält künftig das Team den Ball vom Schiedsrichter, das zuletzt in Ballbesitz war.
Realitätsanpassung, siehe Torhüter beim Strafstoß.