Gegner-Check
Union Fürstenwalde ist sicherlich wie kaum noch ein weiterer Gegner am ehesten als „unsere Kragenweite“ zu bezeichnen. Doch Fürstenwalde hat einen kleinen Vorteil, sie haben eine Saison Regionalliga Vorsprung auf uns und wissen worauf es ankommt (Kaderzusammenstellung). Diese erste Regionalligasaison nach dem Aufstieg hatte es in sich: mit der unerfahrensten Mannschaft der Liga wurden starke 45 Punkte geholt (am Ende Platz 13). Das Besondere daran: kein anderes Team in der Regionalliga Nordost holte in der Rückrunde mehr Punkte als Fürstenwalde (33), das war mal eine Ansage!
Doch dieses eine Jahr mehr Regionalliga ist dann auch kein riesiger Vorteil, denn Fürstenwalde hat seine Mannschaft auf mehr als der Hälfte der Kaderplätze verändert. Wenn ein Kader in der Sommerpause so extrem unstrukturiert wird, bedarf es ein paar mehr Spiele als die bisherigen vier, um über die endgültige Leistungsstärke von Fürstenwalde ein Fazit ziehen zu können.
Fürstenwalde kam zumindest gut aus den Startlöchern, nach einem 2:2 zum Saisonauftakt gegen den BAK folgte ein doch etwas überraschendes, klares 4:1 bei den Hertha Amateuren. Vier Punkte und sechs erzielte Tore nach zwei Spielen, das sah schon mal gut aus (Chemie dagegen mit 0 Punkten und 6 Gegentoren). Doch in den folgenden zwei Spielen kamen die ersten Gegner, die auch Chemie bereits vor der Brust hatte und da schnitt Fürstenwalde schlechter als die Leutzscher ab. Gegen Lok hieß es in einer hartumkämpften Partie (10 Gelbe) zuhause nach einem Ziane-Doppelschlag 0:2 und bei Babelsberg verlor Union knapp mit 0:1. Doch obwohl Fürstenwalde in beiden Partien kein Treffer gelang, boten sie gegen ihre Kontrahenten deutlich mehr in der Offensive an, als dass was Chemie zustande brachte (nicht umsonst auch schon 6 Tore und nicht erst eins). Gegen Lok wurden mehrere Topchancen ausgelassen und ein Tor zu Unrecht aberkannt. In dem engen Spiel bei Babelsberg hatten sie ähnlich viele, wenn nicht gar noch mehr Chancen, als wir in der zweiten Hälfte in Bautzen. Doch der Ball wollte einfach nicht rein, vielleicht auch weil die Spieler bei Fürstenwalde sich den starken Regen nicht zunutze machten und lieber den oberen Teil des Gehäuses anvisierten. Das entscheidende 0:1 fiel nach einer Ecke, als der Babelsberger Reimann völlig freistehend am langen Pfosten einnicken konnte. Da sollte Chemie vielleicht diese Woche noch Ecken üben, denn die Gefahr bei annähernd zehn Ecken und einigen Freistößen aus dem Halbfeld war gegen Bautzen überschaubar (mal wieder, wie man leider feststellen musste).
Insgesamt hat sich der neuformierte Kader von Fürstenwalde also sehr ordentlich präsentiert in den ersten vier Spielen. 12 der 21 Spieler im Kader sind neu im Team. Nur zwei Neuzugänge bringen ernsthafte Regionalliga-Erfahrung mit sich: Filip Krstic, der einige Jahre in Jena Stammspieler war (insgesamt 120 Regionalligaspiele), letzte Saison aber eher bei der Zweitvertretung, unter anderem auch gegen Chemie, zum Einsatz kam. Vielleicht lockte ihn Fürstenwalde mit der Kapitänsbinde, denn der neue Kapitän von Union hatte ursprünglich im Sommer bei Viktoria Berlin unterschrieben, löste den Vertrag jedoch nach zwei Wochen wieder auf. Krstic ist nun der neue Abwehrchef von Fürstenwalde. Der zweite „erfahrene“ Neuzugang ist Andor Bolyki, der als Linksaußen immerhin auf 5 Tore in 36 Regionalligaeinsätzen für Rehden (Regionalliga Nord) und den BAK kommt. Andererseits hat er in der vergangenen letzten Saison beim BAK nur ganze 35 Minuten auf dem Platz gestanden.
In Sachen Neuzugänge ist Fürstenwalde also am ehesten auf einem Niveau von Chemie zu finden, denn großen Namen kann sich der Verein mit dem kleinen Etat nicht leisten und setzt daher lieber auf junge Spieler. So sind 5 der 12 Neuzugänge Spieler, die vergangene Saison bei A-Jugend-Mannschaften unterwegs waren.
Gleich 14 Spieler haben den Verein nach der bärenstarken Rückrunde verlassen. Darunter gleich mal acht Leistungsträger! Die Abwehrspieler Zwerschke (30 Spiele, 1 Tor), Gröschke (25 Spiele 16/17, nun Schiebock), Yesilli (43 Regionalligaeinsätze), Dervishaj (66 Regionalligaspiele, nun Stammspieler in Neustrelitz) und Mlynarczyk (31 Spiele, 4 Tore) sind weg, genauso wie die Offensivkräfte Geurts (12 Tore und 8 Vorlagen in 29 Spielen vergangene Saison, nun in Paderborn als Joker unterwegs), Kapitän Karaszewski (27 Spiele, 5 Tore) und Stettin (5 Tore in 16 Rückrundenspielen). Welch ein Aderlass!
Und dennoch hat Trainer Mauksch wohl weniger Grund zum Klagen als sein Gegenüber aus Leutzsch. Denn unter den Verbliebenen befinden sich noch einige echte Regionalliga-Juwelen. Neben dem erfahrenen Außenverteidiger Ingo Wunderlich (106 x Regionalliga) sind allen voran Spielmacher Rico Gladrow (vor Saisonstart waren es 51 Torbeteiligungen in 141 Regionalligaspielen) und Abräumer Martin Zurawsky (13 Tore in 118 Regionalligaeinsätzen) hervorzuheben.
Rico Gladrow ist DER Kreativspieler bei Fürstenwalde, der auch in dieser Saison bereits schon wieder drei Tore vorbereitet hat. Er kam vergangene Rückrunde aus Trier zu Fürstenwalde und war entscheidend daran beteiligt dass der Club die beste Halbserie seiner jüngeren Vereinsgeschichte gespielt hat (6 Tore und 8 Vorlagen in 15 Spielen). Er ist sicherlich einer der besten Distanzschützen der Liga und auch seine Freistöße haben es in sich. Zumindest wenn er schießen darf. Denn bei Union gibt es noch Martin Zurawsky, ebenso mit einem feinen Füßchen ausgestattet und ebenfalls brandgefährlich. Während Gladrow vor ihm auf der Zehn für die besonderen Momente zuständig ist, ist Zurawsky (einer von zwei Sechsern) ganz eindeutig das Herz der Mannschaft, immer mit vollem Einsatz dabei und auch guten Ideen in der Spieleröffnung. Der dritte auffällige Spieler bei Fürstenwalde ist der Deutsch-Kameruner Siakam (erst 21 Jahre), der sich bisher auf Rechtsaußen als sehr robust und schnell präsentiert hat, zudem immer wieder mit Zug in die Spitze / zum Tor auffällig wurde (schon zwei erzielte Saisontore).
Trainer Matthias Mauksch (48), eine Dynamo-Legende, wie manche sicherlich wissen, scheint seine Formation (im 4-2-3-1) bereits gefunden zu haben, sofern er die Namen seiner Spieler nicht verwechselt wie das beim Namen unseres Vereins der Fall war, als er in der PK nach dem Babelsberg-Spiel vom kommenden Gegner „Sachsen Leipzig“ sprach (genauso wie vorher bereits Pele Wollitz).
Im Tor steht Birnbaum. In der Abwehr von links nach rechts Wunderlich, der erst 19jährige Halili, Kapitän Krstic und Dabo. Auf den Sechsern spielen Wuthe und Zurawsky. Die offensive Dreierreihe im Mittelfeld besetzen Neuzugang Bolyki auf links, Gladrow zentral und Siakam auf rechts. Die einzige Spitze ist Atici, der im Mai bereits im AKS aufschlug, mit seiner damaligen Mannschaft Brandenburger SC. Fünf Neuzugänge haben es also in die Stammformation geschafft, im Grunde ja auch zwangsläufig bei so vielen Abgängen. Wenn Mauksch bisher etwas verändert hatte, dann nur auf den Außenverteidigerpositionen, wo gegen Lok und Hertha II Behling und Sejdija (auch zwei Neuzugänge) für Wunderlich und Dabo dabei waren. Ansonsten blieb das Team in den vergangenen drei Spielen unverändert.
Ein Blick auf die Zahlen verrät (vor Saisonbeginn): 285 Regionalligaspiele vs. 759 Regionalligaspiele. 5 Tore empfangen 51 Tore. 24,05 Jahre treten gegen eine der jüngsten Mannschaften der Liga an (23,1).
Fazit
Gespielt wird in Leutzsch! Wenn Chemie im defensiven Mittelfeld die Laufwege von Gladrow (# 22) zustellen kann (Lars Schmidt!) und auch Zurawsky (# 13) nicht allzu häufig nach vorn kommen lässt, dazu einen Wajer, der Siakam (# 9) in den Laufduellen keinen Zentimeter zum Atmen gibt, wird es den zweiten Heimsieg in Serie geben. Und Mauksch dürfte danach auch wissen, dass Chemie Leipzig nichts anderes als Chemie Leipzig ist.