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aus der LVZ vom 06.02.2025
Vor Duell mit BFC: Chemie Leipzig auf Ursachenforschung für aktuelle Talfahrt
Jens Fuge
06.02.2025, 14:41 Uhr
Leipzig. Nach der erschreckenden Heimpleite gegen den damaligen Tabellenletzten Luckenwalde geisterte ein Wort über die Tribünen des altehrwürdigen Alfred-Kunze-Sportparks, das man lange nicht gehört hatte: das böse Wort, das mit „A“ beginnt und wohl verheerende Auswirkungen auf den Verein hätte: Abstieg. Tatsächlich erstaunte, wie wenig die Mannschaft, die bereits nachweislich viel bessere Leistungen an den Tag legte, den zugegebenermaßen sehr agilen und zunehmend selbstbewussten Brandenburgern entgegenzusetzen hatte.
Die Ursachen scheinen tiefer zu liegen. Die allgemeine Verunsicherung ist mit Händen zu greifen, obwohl nach den turbulenten Dezembertagen mit Trainerentlassung und enormen Verschiebungen im Vereinsgefüge nun langsam wieder Ruhe einkehrte. Es änderten sich Abläufe und Inhalte im Training, die Kommunikation wurde klarer und ehrlicher – eigentlich hätte ein befreites Aufatmen sich nun paaren sollen mit der Rückkehr des Erfolgs. Aber so einfach ist es im Fußball nicht, die Psyche ist ein tückisches und unberechenbares Ding. „Niemand will ja, dass ein einfacher Ball verspringt und nicht ankommt“, sinniert Neu-Kapitän Janik Mäder.
Was viele vergessen: Vor der Saison fand ein großer Umbruch statt. Leistungsträger wie Philipp Harant und Philipp Wendt verließen den Verein, dazu verletzte sich Paul Horschig schwer – eine komplette erprobte Abwehrreihe fehlt damit. Lukas Surek und Denis Jäpel, die ebenfalls gingen, konnten nie gleichwertig ersetzt werden. Die Routiniers wie Dennis Mast, Manuel Wajer, Florian Brügmann und Benny Bellot werden nicht jünger, haben ihren Zenit überschritten.
Neuzugänge der Jagatic-Ära wie Marcel Kohn, Tobias Reithmeir, Terry Asare und Tim Bunge zeigen bislang zu inkonstante Leistungen, einzig Julian Weigel, Fabian Rüth und natürlich Stanley Ratifo schlugen voll ein. Cemal Kaymaz im defensiven Mittelfeld ist verletzungsanfällig, fehlt oft. Und Spieler wie Luca Marino, Yusuf Dogan und Henry Koeberer (inzwischen wieder weg) wurden (zu) oft negiert, um sich wirklich entwickeln zu können – und können nun nicht helfen. Einzig Elias Oke bekam zunehmend Spielzeit, braucht aber Zeit und Geduld, um sich zu entwickeln.
Die Quintessenz: Es wurde versäumt, einen Umbruch rechtzeitig einzuleiten, die Zukunft zu planen. Mit der sich zuspitzenden Krise der ersten Halbserie und der zunehmenden Entfremdung von Team und Trainer geriet die BSG Chemie in einen Abwärtsstrudel, der an Sogkraft zunahm und -nimmt. „Handauflegen hilft hier nicht“, hatte es Interimstrainer David Bergner umschrieben. Aber auch den positiven Blick nicht verloren: „Es liegt nicht alles in Schutt und Asche, ich habe viele positive Ansätze gesehen!“
Was bleibt, ist die Hoffnung auf ein Positiv-Erlebnis. Beim Tabellen-Siebten BFC Dynamo, der von seinen neun Heimspielen fünf gewann und nur zwei verlor, wäre schon ein Teilerfolg das erwünschte Glücksgefühl für die Leutzscher. Ansonsten bleibt nur harte Arbeit – was sonst? Mit den beiden Talenten Valon Aliji (19) und Rajk Lisinski (21) sind Alternativen im Winter gekommen, die schon aufgrund ihres Alters und mangelnden Erfahrungsschatzes nur bedingt als Heilsbringer taugen.
Der richtige (und überfällige) Schritt war es dennoch. Und wenn man dem Buschfunk halbwegs vertrauen darf, gilt der designierte neue Trainer Adrian Alipour als Förderer der Jugend, als „Bessermacher“. Eine dringend benötigte Eigenschaft im Leutzscher Holz, wie sie sich auch der neue Nachwuchschef Christian Sobottka wünscht.
Bis diese neue Politik jedoch Früchte trägt, müssen es die „Alten“ richten. Dass sie es können, haben sie schon oft bewiesen. Und wie wir wissen: Es ist alles reine Kopfsache. Bleibt abzuwarten, ob ein klarer Blick am Freitag in der Hauptstadt schon Besserung und möglichst Zählbares bringt.