Auf dem YouTube-Kanal des FC Hansa findet sich mittlerweile die PK mit den beiden Trainern. Diese ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert:
- Die PK leitete mit Arvid Langschwager jemand, der hauptberuflich Zahnarzt ist. Ob er auch Stadionsprecher war, weiß ich nicht, kann ich nicht genau sagen. Augenscheinlich ist der Spielbetrieb der Hansa-U23 aber auch von ehrenamtlichem Engagement getragen.
- Ebenjener PK-Leiter spricht gleich in der Einleitung von 1200 "respektablen" Gästefans. Dies so zu betonen, finde ich wiederum überaus respektabel.
- Ebenjener PK-Leiter erwähnt – ohne, dass dies erforderlich gewesen wäre – unser Jubiläum an, verbunden mit der Bemerkung, eine solch lange Tradition sei in Leipzig keine Selbstverständlichkeit.
All das führt dazu, dass auch ich unsere Gesänge – übrigens unabhängig davon, ob wir von "Scheiß-FCH" oder "FCH Hurensöhne" – eher bedaure. Denn all das, was man an der aktiven Hansa-Fanszene negativ sehen kann oder einen nervt, kann man wohl kaum der breiten Mehrheit der gestern anwesenden Stadionbesucher zum Vorwurf machen.
Aber gut, im Spiel überwiegen auf den Rängen eben mehr die Emotionen als eine abgewogene Reflexion. Vielleicht findet sie ja im Nachhinein statt.
Neutral:
Interessiert hätte mich die Antwort des Hansa-Trainers auf eine Frage, die der anwesende Ostseezeitung-Redakteur nicht gestellt hat: Birgt die Unerfahrenheit seiner Spieler mitunter die Gefahr, dass Beschwörungen in Richtung "Spielt mal Männerfußball, zeigt mal etwas Härte!", die es offenbar gegeben hat, ins Negative umschlagen können? Die (berechtigte) Rote Karte kurz nach dem 2:2-Ausgleich für das völlig überzogene Einsteigen seines Schützlings wäre vielleicht so ein Beispiel gewesen.
(Mir ist schon klar, dass der Trainer mit "Nehmt die Zweikämpfe an!" nicht meint: "Haut den Gegner mit durchgestrecktem Fuß auf den Knöchel und riskiert den Platzverweis!" Aber womöglich sind die Appelle bei manch einem so angekommen bzw. haben diese Übermotivation hervorgerufen?)
PS: Die Beleidigung "Hurensohn" soll nach Darstellung mancher "sexistisch" sein. Ich kenne, meine ich, die meisten Argumente, bin von dieser Behauptung aber nach wie vor nicht überzeugt. Wer es mir erklären kann/will: gern per PM oder beim Stadionbier.
PPS @Seegeritzer: Ich meine, wir hatten da großes Glück, auch wenn es keine klare Fehlentscheidung war. Der Gegner kommt ja nicht bewusst auf Bellot zugelaufen, um diesen unter sich zu begraben, sondern kommt bei einem fair geführten Zweikampf mit Wendt zu Fall. Bellot kommt spekulativ raus, weil er befürchtet, dass (der ansonsten wieder blendend aufgelegte) Wendt wegen schlechter Positionierung zum Gegner den Zweikampf verlieren würde. Wendt gewinnt den Zweikampf jedoch, klärt den Ball unter (fairer) Bedrängnis jedoch zu kurz, direkt vor die Füße eines frei stehenden Hansa-Angreifers, der dann einschießt. Bellot hätte auch ohne das kurzzeitige "Fixiertsein" unter dem Gegner nie und nimmer eine Chance gehabt, den Ball noch zu halten. Wie gesagt: keine Fehlentscheidung, aber beschweren hätten wir uns nicht dürfen.
Bei der Schlussszene, als ein Chemiker-Arm im Gesicht eines Hanseaten landet, in meinen Augen klar kein Elfmeter. Der Kopf befindet sich durch die Annahme und Landebewegung des Gegners etwas weiter unten als normal, normalerweise hätte unser Spieler da eher die Brust erwischt. Dass geschickte Abwehrarbeit anders aussieht, steht auf einem anderen Blatt.
Das eigentliche Problem an beiden Szenen ist ja: Wir sind nicht erst seit gestern extrem schwach in der Verteidigung gegnerischer Standards. Ständig kommen Gegner freistehend zum Abschluss, so auch in der Anfangsphase gegen Hansa und das ganze Spiel über gegen den BFC. Das geht so nicht mehr lange gut, irgendwann ist das Glück aufgebraucht.