Autor Thema: "Vom Kampf gegen Windmühlen..."  (Gelesen 205100 mal)

Offline Artchi

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Antw:"Vom Kampf gegen Windmühlen..."
« Antwort #150 am: 07. August 2014, 11:10 »
Taz:

."...Sippenhaft mal anders

Gemeint war eher: Wenn aus einer Menge heraus eine Straftat begangen wird, sind all jene, die sich in der Menge aufhalten, schuldig. So wurde der deutsche Student zu einem Jahr teilbedingter Haft verurteilt und gleich entlassen, weil er zuvor knapp sechs Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte. Selber schuld, oder wie der Wiener Polizeipräsident im Fernsehen von sich gab: „Wer sich mit Hunden ins Bett legt, darf sich nicht wundern, wenn er mit Flöhen aufwacht.“
 
Eine Woche später räumten unzählige – manche Quellen sprechen von 1.700 – Polizisten ein besetztes Haus im Wiener Bezirk Leopoldstadt. Ausgerüstet wie für einen Einsatz im Bürgerkrieg, überfiel diese Kampftruppe einige anarchistisch gesinnte Hausbesetzer, um Recht und Ordnung (ergo: Spekulation) wieder in Kraft zu setzen. Die demokratische Einstellung der Beamten wird selbst von nüchternen Fachleuten infrage gestellt. „Es herrscht eine Freund-Feind-Wagenburgmentalität“, erklärte Reinhard Kreissl, Leiter des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie, der Zeitung Der Standard, „die Polizei rechnet immer mit dem Worst Case und ist nicht imstande, Probleme anders zu sehen als einen Angriff von Feinden.“
 
Das Volk ist der Feind: Das klingt nicht gut, entspricht aber neuesten Entwicklungen, auch auf EU-Ebene. Versteckt hinter dem Feuerwerk der Fußball-WM fasste der EU-Ministerrat einen Beschluss, der den europaweiten Einsatz von Polizei und Armee gegen aufmüpfige Bürgerinnen und Bürger eines Landes ermöglicht (die Umsetzung des § 222 des Lissaboner Vertrags). Es sieht so aus, als würden Protest und Widerstand, der Kampf für eine gerechtere Gesellschaft, zunehmend kriminalisiert werden. Und Österreich befindet sich, selten genug, an vorderster Front dieser Entwicklung. "

« Letzte Änderung: 07. August 2014, 11:11 von Artchi »
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Offline Artchi

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Antw:"Vom Kampf gegen Windmühlen..."
« Antwort #152 am: 27. August 2014, 07:50 »
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Offline Artchi

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Antw:"Vom Kampf gegen Windmühlen..."
« Antwort #153 am: 27. August 2014, 07:52 »
taz:

Dummheit schützt Polizisten vor Strafe

Beamte halten Frau illegal fest: Staatsanwaltschaft meint, Polizisten war unklar, dass das verboten ist. Grüne fordern bessere Ausbildung für Einsatzkräfte.



Die Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren wegen Freiheitsberaubung gegen mehrere Polizisten eingestellt. Die Beamten hatten eine Frau gegen ihren Willen weggetragen und im Auto festgehalten. Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Ergebnis: Den Polizisten sei nicht bewusst gewesen, dass das verboten ist. Somit würden „hinreichende Verdachtsmomente für den Nachweis der subjektiven Komponente einer Freiheitsberaubung“ fehlen, schreibt die Staatsanwaltschaft der Frau.
 

Der Fall zeigt, wie die Justiz mit zweierlei Maß misst. Eigentlich gelten die Gesetze für alle Menschen gleich. Aber je nach Art des Täters wird ein Gesetz mal in diese Richtung und mal in die andere gebogen. So entsteht für Polizisten ein teilweise rechtsfreier Raum, in dem sie Straftaten begehen können, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
 

Die Tat geschah bereits im Mai 2011. Damals tagte im Congress Center am Alexanderplatz das Atomforum, ein Lobbyverband der Atomindustrie. Auf der anderen Straßenseite demonstrierte die Anti-Atom-Aktivistin Cecile Lecomte. Sie kletterte auf einen Laternenmast, um ein Transparent aufzuspannen.
 
Polizisten zogen Lecomte herunter, erteilten ihr einen Platzverweis, trugen sie in ein Polizeiauto und hielten sie eine halbe Stunde fest, bis ihre Personalien aufgenommen waren. Die Polizisten beriefen sich auf das Landespolizeigesetz: „Die Ordnungsbehörden und die Polizei können zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen.“
 
Polizisten dürfen also nicht willkürlich jeden Bürger wegtragen, sondern nur die Bürger, die eine Gefahr sind. Lecomte meinte: Sie war keine Gefahr für das Atomforum, da sich zwischen ihr und dem Veranstaltungsgebäude noch eine achtspurige Straße, eine Absperrung mit Gittern und eine Menge Polizisten befand. Lecomte klagte vor dem Verwaltungsgericht und gewann: Die Polizisten hätten sie nicht wegtragen und festhalten dürfen.
 
Damit stellte sich die Frage nach der Strafe für die Täter. Im Strafgesetzbuch heißt es: „Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
 
Es gibt aber auch Ausnahmen. „Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln“, heißt es im Strafgesetzbuch. Davon profitiert etwa ein Kneipenbesucher, der an der Garderobe einen fremden Mantel anzieht statt den eigenen. Das erfüllt eigentlich den Tatbestand des Diebstahls, ist aber nur versehentlich passiert. Wer nicht weiß, was er tut, wird nicht bestraft.
 
Diesen Grundsatz wendet die Staatsanwaltschaft nun auch auf die Polizisten an. Die wussten zwar, dass sie eine andere Person wegtragen – aber angeblich nicht, dass sie das nicht hätten tun dürfen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, „dass die Polizeibeamten von der Rechtmäßigkeit ihres Handelns überzeugt waren. Damit steht die Überführung einer vorsätzlichen und schuldhaft verwirklichten rechtswidrigen Tat nicht zu erwarten.“
 
Sprich: Wer ungestraft Straftaten begehen will, muss einfach nur fest davon überzeugt sein, es sei gar keine Straftat. So steht es auch an anderer Stelle im Strafgesetzbuch: „Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.“
 
Dummheit schützt also doch vor Strafe. Aber nicht jeden – denn diese Vorschriften werden sehr unterschiedlich angewandt. „Die Justiz argumentiert ergebnisorientiert“, berichtet der Kreuzberger Strafverteidiger Carsten Hoenig aus seiner Erfahrung. Er erinnert sich an einen Mandanten, der kostenpflichtige Abofallen im Internet betrieben hatte. Er hatte sich vorher von einem Rechtsanwalt beraten lassen, damit er nichts macht, was strafbar ist. Anstatt dann wegen eines Irrtums auf eine Strafe zu verzichten, legte die Staatsanwaltschaft dem Mandanten die Beratung negativ aus: Das zeige gerade das Unrechtsbewusstsein des Mannes.
 
Hat dagegen ein Polizist eine Tat begangen, „dann setzt eine Art Solidarisierungseffekt der Staatsanwaltschaft ein“, meint Hoenig. Auch Staatsanwälte haben die Sonderbefugnis zu Maßnahmen, die sie unter bestimmten Bedingungen nutzen dürfen, und die sonst aber unter hohen Strafandrohungen stehen. Die Polizisten müssten „in Sekundenbruchteilen eine Entscheidung treffen", sagt Hoenig, eben ob zum Beispiel in einer Situation eine Gefahr besteht oder nicht.
 
Wenn jede Fehlentscheidung eines Polizisten gleich als Freiheitsberaubung bestraft würde, hätte das erhebliche Konsequenzen für den Beamten - bis hin zur Entfernung aus dem Dienst. Das wäre wohl ebenso zu hart, wie das jetzige Verfahren, bei der Polizisten bei Straftaten häufig völlig ohne Sanktionen bleiben, zu nachsichtig ist.
 
Eine Lösung könnte eine bessere Ausbildung der Polizei sein, die bei Polizisten solche Irrtümer darüber, wann sie jemanden festhalten dürfen, gar nicht erst entstehen lässt. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux: „Das Land Berlin trägt die Verantwortung dafür, dass nur Polzisten eingesetzt werden, die die Rechtslage kennen und die nicht vorschnell Leute festnehmen.“
 
Die Polizei lehnt das ab. Auf die Frage, welche Konsequenzen die Behörde aus der Angelegenheit ziehen will, teilt die Pressestelle mit: „Keine“.


 
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Antw:"Vom Kampf gegen Windmühlen..."
« Antwort #156 am: 02. September 2014, 17:07 »
taz:


Wer dagegen protestiert, dass die Politik ihn nach Strich und Faden betrogen hat, dem wird die Nahrung entzogen, und zwar über Tage hinweg. „Mit Wasser sind sie aber vor Kurzem versorgt worden, damit niemand dehydriert“, erklärt eine Polizeisprecherin zur Politik des Aushungerns. Wo sind wir, sind wir im Krieg?
 
Nein. Diese Szenen spielen sich dieser Tage im katastrophenfernen, sommerferientiefenentspannten Berlin ab. Denn dass der neue Flughafen immer noch nicht gebaut ist und Milliardenlöcher in den Haushalt reißt und der Regierende Bürgermeister gerade voll Verdruss das Handtuch geworfen hat, das alles hält den Senat nicht davon ab, an anderer Stelle den Knüppel auszupacken – gegen Menschen ohne Lobby.
 
Seit zwei Jahren protestieren ein paar Dutzend Flüchtlinge gegen Residenzpflicht und Arbeitsverbot und die häufig fürchterlichen Umstände in den Wohnheimen. Sie protestieren auch gegen die Dublin-Regelung, die vorsieht, dass das Land, das die ersten Fingerabdrücke von ihnen genommen hat, für sie zuständig ist, selbst wenn es überlastet und die schlechte Versorgung von Flüchtenden dort allgemein bekannt ist. Wie in Italien oder in Griechenland.
 
Der Berliner Senat hat mit den Flüchtlingen ein Abkommen getroffen: Sie räumen den Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg, dafür garantiert er erneute Einzelfallprüfungen. Unterzeichnet wurde das Papier von der Senatorin für Arbeit, Frauen und Integration, Dilek Kolat (SPD). Diese Unterschrift erklärt Innensenator Frank Henkel (CDU) nun für ungültig. Nur seine Signatur verbürge Rechtskräftigkeit. Ist das nun Strategie oder krasser Dilettantismus?
 
Unterm Strich ist das egal. Was zählt, ist, dass Menschen unmenschlich behandelt werden, weil sie aufzeigen, was für eine menschenverachtende Flüchtlingspolitik parteiübergreifend für normal gehalten wird. Erst im Juni hatte das Kreuzberger Bezirksamt Journalisten bei Flüchtlingsprotesten den Zugang zu einer besetzten Schule verweigert, die Pressefreiheit eingeschränkt und mal eben über einen Stadtteil den Ausnahmezustand verhängt.
 
An Leuten, die wenig Sympathie in der Bevölkerung genießen, testen Politik und Polizei aus, inwieweit sie Menschen als reine Verwaltungssache und Sicherheitsproblem behandeln können, ohne dass diese jemand anderes als sich selbst gefährden würden. Noch trifft es „nur“ Flüchtlinge, doch dabei wird es nicht bleiben.

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Markranser

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Antw:"Vom Kampf gegen Windmühlen..."
« Antwort #157 am: 02. September 2014, 17:28 »
So langsam geht in diesem Fred der Bezug zum Fussball verloren, mei  Artchimann... :rolleyes:
BTT!

Oder willste uns die taz schmackhaft machen?  :cof

Online Uller

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Antw:"Vom Kampf gegen Windmühlen..."
« Antwort #158 am: 02. September 2014, 17:58 »
So langsam geht in diesem Fred der Bezug zum Fussball verloren, mei  Artchimann... :rolleyes:
BTT!

Oder willste uns die taz schmackhaft machen? :cof

Sei froh, daß er noch nicht bei Dir geklingelt und Dir ein ABO aufgeschwatzt hat ...  :ren

Markranser

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Antw:"Vom Kampf gegen Windmühlen..."
« Antwort #159 am: 02. September 2014, 18:02 »
Wie schrieb der Bürgermeister immer? Abhaun!  :victory:


Offline Struppi

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Antw:"Vom Kampf gegen Windmühlen..."
« Antwort #161 am: 24. September 2014, 20:08 »
Ein Leben ohne Chemie ist möglich, aber sinnlos. (bei Loriot geklaut)

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Offline Esca

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Antw:"Vom Kampf gegen Windmühlen..."
« Antwort #163 am: 26. September 2014, 21:46 »
Es wurden auch schon Chemiefans von schreckhaften Polizisten mit gezogener Dienstpistole bedroht. Grund? Ein runter gefallenes Sixpack Bier. Ort? Berlin, nach einem Testspiel des FC Sachsen bei Union Berlin im Jahre 2007