369 Spiele Chemie vs. 938 Spiele Luckenwalde
7 Tore Chemie vs. 58 Tore Luckenwalde
24,29 Jahre Chemie vs. 24,17 Luckenwalde
Der Drittletzte empfängt den Letzten. Ein Sieg gegen ein Unentschieden (bei zusammen 10 Pleiten mit insgesamt 31 Gegentreffern). Die einzigen Punkte konnten beide Teams gegen Babelsberg holen. Die offensiv mit Abstand harmloseste Mannschaft (2 Tore in 6 Spielen, also ein Treffer aller drei Spiele) gegen die absolute Schießbude der Liga (19 Gegentore in 6 Spielen, also mehr als drei Stück pro Spiel). Drei Dinge stehen deshalb schon nur beim Blick auf die Tabelle fest. Erstens: ein Fußballleckerbissen darf nicht erwartet werden. Zweitens: Wenn Chemie gegen Luckenwalde nicht trifft bzw. sich in der Offensive nicht behaupten kann, gegen wen dann? Drittens: Wer dieses Spiel verliert, kann schon frühzeitig in der Saison damit rechnen, sportlich in dieser Liga den Klassenerhalt nicht erreichen zu können.
Doch wir können über die Tabelle hinaus noch weitere Statistiken bemühen, um zumindest schon mal eine Ahnung zu haben, was da auf uns am Samstag zukommt. Luckenwalde ist nicht nur die Schießbude der Liga, sondern auch die „Klopper“ der Liga: im Schnitt drei Gelbe pro Spiel und bereits vier Platzverweise. Auch das sicherlich ein Grund, warum erst ein mageres Pünktchen geholt werden konnte. Immerhin: Nach jeweils einem Platzverweis in den ersten vier Spielen, blieben sie in den vergangenen beiden Spielen „sauber“, was jedoch Pech für Chemie ist, da Luckenwalde erstmals seit dem ersten Spieltag keine gesperrten Spieler im Kader hat.
Wer als Leutzscher besonders sadistisch veranlagt ist, wirft noch zusätzlich einen Blick auf die aktuelle Torschützenliste. Ja, um den ersten Leutzscher zu finden, muss man eine ganze Weile nach unten scrollen, doch ganz anders beim Gegner: Platz 2 mit 5 Toren steht doch tatsächlich ein FSV-Spieler: Daniel Becker (auf der FuPa-Seite wird er sogar mit 6 Treffern gelistet).
Über Daniel Becker (30) könnte man gleich mehreres schreiben: Publikumsliebling bei Lok … puh, das muss man erst einmal sacken lassen. Aber eben auch einer der derzeit besten Offensivkräfte der Liga, wie er schon vergangene Saison beim Ortsnachbarn eindrucksvoll unter Beweis stellte (24 Scorerpunkte!). Bei Lok gab es wohl keinen, der gejubelt hat, als Becker mitteilte, wieder etwas näher in Richtung Heimat (Cottbus) kicken zu wollen. Aber Daniel Becker ist nicht nur ein gnadenlos abgezockter, effizienter Torjäger, er ist auch ein wirklich klasse Kicker. Meistens macht man es sich zu einfach, wenn man vor dem Spiel den Gegner auf einen Spieler reduziert, aber hier käme das dem Ganzen schon ziemlich nahe.
Schon neun erzielte Treffer bedeutet aber auch, dass sie wissen wie man nach vorne spielt (nur sechs Teams sind ligaweit bisher erfolgreicher gewesen). Immerhin, da die anderen vier Tore sich auf nur zwei weitere Spieler verteilen (Innenverteidiger und Kapitän Marcel Hadel und Joker André Schiller mit jeweils zwei Saisontoren), haben die kommenden Gäste auch nicht gerade eine Vielzahl an torgefährlichen Spielern zu bieten, ja im Grunde ja dann nur einen mehr als wir.
Von den insgesamt 14 Neuzugängen (61 Prozent des gesamten Kaders) kamen neben Becker auch noch Linksverteidiger Heßler und Sechser Arnold aus Probstheida, doch im Gegensatz zu Becker spielten diese beiden Spieler bei Lok nur eine untergeordnete Rolle. Aber immerhin: am vergangenen Spieltag in Fürstenwalde standen alle drei in der Stammelf. Überhaupt ist unter den 14 Neuzugängen Becker der einzige Spieler, dem man eine gewisse Regionalliga-Erfahrung zusprechen kann (Severin Mihm mal ausgeklammert, da nach Kreuzbandriss noch außer Gefecht). Während Routinier Becker auf insgesamt 114 Regionalligaspiele und 24 Treffer kommt (neben Lok noch für Hansa II und Babelsberg), sind die anderen 13 Neuzugänge im Grunde noch große Unbekannte, zum Teil Spieler mit ein paar Kurzeinsätzen in der Regionalliga, ähnlich der Leutzscher Neuzugänge wie Hermann oder Wendt. Mit 23 Spielern im Kader ist Luckenwalde quantitativ zumindest gut aufgestellt (nur Neugersdorf, Nordhausen, Berliner AK und Altglienicke haben mehr Spieler im Kader).
Bei den Abgängen von Luckenwalde fällt auf, dass unter den 14 Abgängen sich gleich mal acht wichtige Spieler aus der vergangenen Saison (bzw. vergangenen beiden Spielzeiten) befinden. Darunter der stellvertretende Kapitän Leimbach (46 Spiele in den vergangenen beiden Spielzeiten), der noch immer vertragslose Offensivallrounder Sabit Bilali (20 Jahre, vergangene Saison 29 Spiele und 1 Tor), Sascha Guthke (37 Spiele und 3 Tore in zwei Jahren), Tobias Francisco (43 Spiele und 3 Tore), José Silva (kam zur Rückrunde und traf noch sechsmal), Kiyan Soltanpour (in 89 Regionalligaspielen stolze 21 Treffer), der auch bei uns in diesem Sommer vorspielende Tim Stober (62 Spiele und 4 Tore) und allen voran der Abgang von Quentin Fouley tat weh (15 Scorerpunkte vergangene Saison und somit an 43 Prozent aller erzielten Treffer direkt beteiligt gewesen).
Zusammengefasst: 8 Regionalliga-Säulen abgegeben, mit Becker nur einen verpflichtet. Trotz des anscheinend in den vergangenen Spielzeiten besser besetzten Kaders erreichte Luckenwalde in seinen beiden Regionalliga-Jahren jeweils am Ende Platz 16. Das genügte um zweimal mit weniger als 30 Punkten die Klasse zu halten, bei einem Gesamt-Torverhältnis von 68:155 (!). In dieser Saison dürfte ein vergleichbares Abschneiden nicht reichen. Und so muss man auch sagen, dass es ein kleines Fußballwunder wäre, wenn Luckenwalde mindestens drei Teams am Ende hinter sich lassen kann. Aber ehrlicherweise muss man auch eingestehen, dass Gleiches wohl auch auf Chemie zutrifft. Bury, Bunge und etwaige Winterneuzugänge zum Trotz …
Aufgrund der zwei Spielzeiten in der Regionalliga hat der Kader trotzdem mehr Erfahrung zu bieten als der von Chemie (auch mehr Einsätze und erzielte Tore als Fürstenwalde). 50 oder mehr Einsätze (was bei uns kein einziger Feldspieler hat!) haben neben Becker (114 Spiele, 24 Tore) noch Innenverteidiger Jonas Schmidt (66 Spiele, 3 Tore), Rechtsverteidiger Denys Repetylo (53 Spiele, zuletzt jedoch nicht im Kader), Rechtsverteidiger Clemens Koplin (56 Spiele, 1 Tor), Spielmacher Aaron Bogdan (50 Spiele, 1 Tor) und dann noch Steve Müller, der mit 32 Jahren älteste und gleichzeitig regionalligaerfahrenste Spieler im Kader (insgesamt 257 Einsätze Liga 3 + 4 für acht verschiedene Vereine, dabei 15 erzielte Treffer). Mit seinen 257 Einsätzen hat Steve Müller allein mehr Regionalliga-Erfahrung (oder höherklassig) als der gesamte Chemie-Feldspielerkader. Bedeutet in diesem Fall aber nicht viel, denn Müller findet sich in dieser Saison meistens auf der Bank wieder.
Wie auf den meisten Trainerbänken der Regionalliga gibt es auch bei Luckenwalde einen Mitarbeiter mit grün-weißer Vergangenheit. Co-Trainer Heiko Bengs spielte in der Saison 2001/02 für Chemie. Sein Chef, Trainer Ingo Nachtigall, probierte es gegen Fürstenwalde mit folgender Aufstellung: Filatow – Heßler, Budde, Hadel (K), Koplin – Arnold, Müller – Borowski, Becker, Kadiata – Tanio
Mal sehen, wer gegen Chemie stürmen darf, der japanische Neuzugang Tanio oder der andere japanische Neuzugang Abe. Wer von beiden auch spielt, hoffen wir darauf, dass sie vor und nach dem Spiel unseren Rintaro Yajima auf dem Platz antreffen werden (und das nicht in Zivil). Außerdem wird Jonas Schmidt nach einer 4-Spiele-Sperre (!) wieder in die Innenverteidigung zurückkehren. Spielmacher Aaron Bogdan (58 Scorerpunkte in 210 Einsätzen für Luckenwalde), der auch schon vom Platz flog, könnte in die Spielzentrale zurückkehren, möglicherweise gar für Routinier Steve Müller. Mit Stefan Gehring gibt es fürs Zentrum einen weiteren Startelfkandidat. Für Topjoker André Schiller (2 Tore, 2 Vorlagen) bleibt wohl wieder nur vorerst ein Platz auf der Bank.
Die bisherigen Ergebnisse: 3:5 in Fürstenwalde, davor konnten sie gegen Babelsberg ihren ersten Punkt holen (auf kuriose Art: bis zur 83. 0:1 im Rückstand, dann zur 89. mit 2:1 in Führung gegangen und schließlich mit dem Abpfiff durch Shala noch den Ausgleich kassiert), bei Lok gab es ein 2:4 (immerhin trotz Platzverweis in Halbzeit 1 eine Stunde lang ein 2:2 gehalten), gegen die Zweitvertretung der Hertha gab es zuhause ein 0:2 (jedoch dabei auch eine Stunde in Unterzahl), beim BAK gab es den Knockout in der 90. Minute (1:2) und am ersten Spieltag wurde eine 1:0 Pausenführung zu einem 1:4 gegen den BFC.
Da ich Luckenwalde in dieser Saison (und überhaupt noch nie) gesehen habe, kann ich zum Spielerischen keine Einschätzung geben. Dennoch fällt etwas beim Blick auf die bisherigen Ergebnisse auf: Luckenwalde konnte in allen Spielen das Geschehen lange offen halten und so richtig unterlegen waren sie in keinem Spiel. Allein sechs Gegentreffer kassierten sie in der Schlussviertelstunde, davon ganze vier in der 90. Minute oder Nachspielzeit. Und auch im Landespokalspiel zuhause gegen Fürstenwalde sahen sie 80 Minuten lang wie der Sieger aus, bis Gladrow und Zurawsky (die auch in der Liga gegen Luckenwalde trafen) das Spiel noch kurz vor Ende drehten.
Würde es Punkte nach nur einer Halbzeit geben, stünde Luckenwalde gar nicht mal so schlecht da: 1:0 BFC, 1:0 beim BAK, 0:0 Hertha II, 2:2 bei Lok, 0:0 gegen Babelsberg, 1:3 in Fürstenwalde … das wären immerhin stolze 9 Punkte und nur gegen Fürstenwalde gab es einen Halbzeitrückstand (im Vergleich dazu lag Chemie da bereits viermal zurück, bei nur einer Führung). 14 der 19 Gegentreffer fielen in Halbzeit zwei. Was sagt uns das: zweite Halbzeit volle Power auf den Norddamm zu, denn es wird mal wieder Zeit für ein AKS-episches Schlussfinish!
Fazit
Es führt kein Weg dran vorbei. Chemie hat mindestens drei Punkte zu wenig, allen voran die Heimpleite gegen Fürstenwalde schmerzt noch immer. Doch für mich steht fest: Chemie MUSS dieses Spiel gewinnen, wenn die ohnehin geringen Aussichten, am Ende der Spielzeit mindestens drei Teams hinter sich zu lassen, gelingen soll. Der Gegner ist freilich kein Fallobst, aber der Gegner ist Schlusslicht, ist die Schießbude der Liga, ist Gast im AKS und muss – wie auch immer – den Platz als Verlierer verlassen. Es wäre auch nicht so verkehrt, wenn im Leutzscher Kader endlich mal ein paar Spieler auf dem Platz aufhören, nette Schwiegersöhne darzustellen und stattdessen mal wieder etwas „dreckiger“ agieren. Das mag niemand gefallen, wie Schlosser, Gladrow und Co. gegen Chemie agiert haben, aber nur mit einer „Hier-hast-du-den-Ball-viel-Glück“-Mentalität, untermalt von einem treuen Hunde-Blick, wirst du in dieser Liga nicht bestehen können.
PS. Ich bin am Start (kann also nichts schief gehen).