Steimle nimmt die Welt auf seine Weise war, so wie jeder von uns. Und er ist, was bei Kabarettisten in der Natur der Sache liegt, eher einer, der den Disput und die Auseinandersetzung sucht. Wenn der also in seiner Stadt Pegida marschieren sieht, dann geht er hin und versucht herauszufinden, was da los ist. Was er dort erfährt, wird Grundlage seiner Arbeit. Im Idealfall. Diesen Schritt hat er vielen voraus, die einfach von Beginn an geurteilt haben und den gesamten Protest in die gleiche Schublade gestopft haben, dahin wo er jetzt ist, ob aus Trotz auf diese Zuordnung oder weil man von Beginn an so war. Wenn man das tut, muss man dann allerdings sehr vorsichtig und kritisch bleiben, und zwar ganz bewusst. Das hat er dann nicht mehr geschafft, wie viele andere, die ähnliches taten. Es gibt da eine Szene in einem Terry Pratchett Roman, die mich daran erinnert. Grob übersetzt: Wenn sich ein weißer Punkt zwischen viele rote Punkte begibt, dann werden nicht die roten Punkte weiß, sondern dann wird er nach und nach selber rot. Das ist vielen passiert, die es gewagt haben, dorthin zu gehen, weil die rechte Propaganda stark ist und das Verhalten der politischen Eliten sie noch befeuert.
Pegida ist jetzt ein rechtsradikaler Haufen. Keine Frage. Rechtsradikale haben die Oberhand schnell gewonnen unter Mithilfe von außen. Ich denke das ist gewollt, denn eine ECHTE Bürgerbewegung wäre ein großes Problem für die Teile der politischen Eliten geworden, die längst vergessen haben, dass sie DIENER des Volkes sind und sich für Herrscher halten. Kein deutsches Problem, aber ein Riesenproblem für die Demokratie. Also hat man sie mit leichter Führung in den rechten Sumpf gesteuert, eine RECHTE Bürgerbewegung, wo man sie diskreditieren und kleinhalten kann. Das war der Plan. Dummerweise nahm die Sache in diese Richtung dann Fahrt auf und endete (vorerst) in einer starken AfD, bei der man sich fragen muss, wie solche Deppen so wahlfähig werden konnten. Das war so sicher nicht gedacht und jetzt haben Teile der politischen Eliten ein Problem, aber eben ein ANDERES, als das, was sie nicht wollten.
Hätte Pegida etwas anderes werden können? Werden wir nie erfahren. Aber so ist die Veranstaltung zum Teil auch durch den Umgang mit ihr GEWORDEN. Eine Bürgerbewegung wie 89 wäre sie wohl nie geworden, aber das die Themen vielschichtiger wurden und waren, wurde immer weggedrückt. "Deutschland hat nur ein Problem und das seid ihr." Das war der O-Ton. Das ist auch eine Provokation. Der hat sich Steimle annehmen wollen. Er ist gescheitert. Das das Land stattdessen aber große Probleme hat, dass man das spürt, ich denke das weiß jeder. Nur redet kaum einer über Billiglöhne, Altersarmut, Bildungsnotstand. Auch nicht Steimle. Das war das Ziel von Teilen der politischen Eliten und das haben sie erreicht.
Ich bin sehr oft deiner Meinung und mag es, dass du Sachen mit Abstand betrachtest und differenzierst aber hier muss ich dir klar widersprechen.
Pegida musste nicht von außen in die rechte Ecke geschoben werden, die waren von Beginn an dort. Man muss sich nur mal an dieses "Grundprogramm" von Legida erinnern, dass das Dresdener Original nochmal verschärfte. Das war ein und derselbe Orga-Haufen.
Zudem: Niemand wird aus Trotz zum Nazi oder sympathisiert mit diesen. Diese Denkweisen sind vorhanden und Pegida ist das Ventil oder der Katalysator.
Die Bewegung wurde von Anfang an aus antifaschistischer Sicht kritisch betrachtet und abgelehnt weil dort Positionen geäußert wurden, die nichts mit einer bloßen Protestbewegung aber viel mit Fremdenfeindlichkeit gemeinsam hatten und weil das dortige Personal einschägig bekannt war.
Diese Strukturen fallen doch nicht vom Himmel, das stehen Netzwerke dahinter. Rechtsradikale haben dort nicht die Oberhand gewonnen und schon garnicht weil Menschen sich dem entgegengestellt haben. Die wahrnehmbare Verschärfung des Tones ergibt sich einfach aus der zugrundeliegenden Ideologie. Das Bedrohungsszenario muss akut und wichtig bleiben sonst fällt das Weltbild auseinander. Das schafft man nur indem man immer weiter eskaliert.
Ich habe Steimles Programmen oder Clips früher auch ein paar Lacher abgewinnen können und ich fand es gut, dass eine "Ostsicht", so leicht antiquiert sie mir auch vorkam, im deutschen Fernsehen statt fand aber sein Abrutschen in diesen obskuren braunen Mief muss kritisch betrachtet werden. Steimle ist für mich ein Paradebespiel für diese Leute, die mit Ihrer Meinung knietief im Ressentiment stecken und sobald dadurch etwas Gegenwind aufkommt, wird geflennt wie ungerecht das ist. Er kann der Jungen Freiheit, der Compact und NuoViso Interviews geben bis die Sonne erlischt, er kann Kraft durch Freunde Shirts tragen wenn ihm das gefällt (einen Spruch mit dem er „aus einem belasteten Spruch etwas Neues, Positives“ schaffen wollen, mehr nicht" - die Referenz auf Werner Finck geht also völlig ins Leere), er kann auch suggerieren, dass Ausländer hinter Altäre kacken, aber ich werde dann sagen, dass ich es nicht toleriere und dass er damit fremdenfeindlichen Positionen, Strukturen und Personen Aufwind gibt. Denn darunter leidet nämlich nicht er, sondern die Menschen, die von den Ressentiments betroffen sind und den Schuh muss er sich einfach anziehen. Passt aber sicher nicht zu seinem Bild von sich selbst als kritischer Geist.